
Market-Timing: Gewinnbringend oder zum Scheitern verurteilt?
Kauf günstig, verkaufe teuer – das ist doch eine alte Börsenweisheit. Mit Market-Timing wird versucht, diese theoretisch absolut richtige Überlegung in der Praxis umzusetzen. Wir zeigen dir in diesem Artikel, was es mit Market-Timing auf sich hat und wie Market-Timing umgesetzt werden kann.
Dafür stellen wir dir auch ein konkretes Beispiel einer Market-Timing-Strategie vor und zeigen dir anhand dessen, dass erfolgreiches Market-Timing alles andere als einfach ist.
Market Timing – Das Wichtigste in Kürze
- Market Timing beschreibt eine Anlagestrategie, bei der Anleger versuchen den optimalen Zeitpunkt für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren zu timen.
- Es existieren unterschiedliche Strategien für das Market Timing: Quantitative Analyse, Analyse der Wirtschaftslage, Chartanalyse, die technische Analyse oder auch das Handeln nach Gefühl.
- Market-Timing kann kurzfristig die Rendite verbessern, langfristig ist eine Buy-and-Hold-Strategie aber meist die bessere Option.
- Für erfolgreiches Market-Timing benötigt es viel Erfahrung oder umfangreiche Analysen, die für Privatanleger meist zu zeitaufwendig sind.
1. Market Timing Definition
Unter Market-Timing versteht man eine Anlagestrategie, bei der Anleger versuchen, den optimalen Zeitpunkt für den Kauf und Verkauf von Wertpapieren abzuschätzen. Hierbei geht es also darum, den Markt zu timen.
Beim Market Timing versuchen Anleger, Wertpapiere in der Nähe ihres Tiefs zu kaufen und später nahe eines Hochpunkts zu verkaufen. Ziel hierbei soll es sein, eine höhere Rendite gegenüber einem Investment zu erzielen, das über die gesamte Zeit im Markt investiert ist. Market-Timing geht schon eher in Richtung von Trading-Strategien.
Fragst du dich, was ist Trading überhaupt oder möchtest du Trading erlernen, findest du die Grundlagen dazu in unseren zugehörigen Artikeln.
Dem Market-Timing gegenübersteht das Buy-and-Hold-Investing, bei dem Anleger einmal gekaufte Assets langfristig halten, unabhängig von der Entwicklung des Marktes.
- Professionelle Plattform
- Hervorragender Handel
- Keine Kommissionen, nur Spreads


2. Wie funktioniert Market-Timing in der Praxis?
Es gibt viele unterschiedliche Ansätze und Strategien, wie Investoren Market-Timing betreiben können. Einige Ansätze basieren auf jahrelanger Erfahrung und dem Bauchgefühl eines Anlegers, andere Ansätze sind quantitativ und geben Kauf- und Verkaufssignale auf Basis von Daten aus.
Wir möchten dir an dieser Stelle ein einfaches quantitatives Beispiel vorstellen. Hierfür betrachten wir den S&P 500 sowie seinen 200-Tage-Durchschnitt. Allgemein wird angenommen, dass sich ein Aktienmarkt in einem freundlichen Marktumfeld befindet, wenn er über seinem Durchschnitt der letzten 200 Schlusskurse notiert.
Daraus lässt sich nun folgende Strategie ableiten: Immer, wenn der S&P 500 unter seinen 200-Tage-Durchschnitt fällt, wird der bisher auf den S&P 500 gehaltene ETF verkauft. Erst, wenn der S&P 500 dann wieder über seinen 200-Tage-Durchschnitt steigt, wird der S&P 500 ETF wieder gekauft.
Sinn und Zweck dieser Market-Timing-Strategie ist, in schwachen Marktphasen das Geld in Cash zu halten und eine dynamische Asset Allocation zu verfolgen. So sollen Rücksetzer vermieden werden. In starken Marktphasen möchte man den Cashanteil in der Asset Allocation dann aber wieder reduzieren, um von dem Anstieg am Aktienmarkt voll profitieren zu können. Das Market-Timing ist somit eine Art Risikomanagement.
Im folgenden Chart siehst du den S&P 500 sowie seinen 200-Tage-Durchschnitt. Kreuzt der Index seinen Durchschnitt, ergeben sich daraus Kauf- und Verkaufssignale. Außerdem siehst du im Chart einen Beispiel-Trade mit einem Kauf im Sommer 2020 und einem Verkauf.

Auf den ersten Blick sieht das Ergebnis dieses Trades gut aus. Wir zeigen dir im nächsten Abschnitt aber noch eine ausführliche Auswertung dieser Strategie über einen längeren Zeitraum.
Neben diesem quantitativen Ansatz zum Market-Timing existieren aber noch viele weitere Möglichkeiten Market-Timing in der Praxis umzusetzen.
So ist es möglich auf Basis der allgemeinen wirtschaftlichen Entwicklung Kauf- oder Verkaufsentscheidungen abzuleiten oder umfangreiche charttechnische Analysen anzustellen, um den besten Einstiegs- und Ausstiegspunkt zu finden.
Das Problem dabei ist aber vor allem für den Privatanleger, dass es für erfolgreiches Market-Timing sehr viel Erfahrung benötigt. Außerdem wird für die Analyse der Märkte beziehungsweise der wirtschaftlichen Lage viel Zeit benötigt. Viele Privatanleger sind allein deshalb nicht in der Lage erfolgreiches Market-Timing zu betreiben.

3. Market Timing vs. Buy and Hold
Führst du mit anderen Anlegern Diskussionen darüber, ob Market-Timing langfristig funktioniert, wird es Befürworter geben und Investoren, die dem widersprechen. Hörst du von anderen Investoren, dass sie seit einigen Jahren Hoch- und Tiefpunkte ganz gut treffen und damit eine hohe Rendite erzielen, darfst du dich davon nicht blenden lassen. Auch über mehrere Jahre kann dies das Ergebnis von Glück und Zufall sein und muss nicht zwangsläufig auf die Expertise eines Investors hindeuten.
Am Ende können Zahlen nicht lügen. Und deshalb haben wir eine Analyse durchgeführt, die eine Buy-and-Hold-Strategie mit einer Market-Timing-Strategie vergleicht.
In der folgenden Strategie untersuchen wir für dich, wie sich eine Market-Timing-Strategie auf Basis des 200-Tage-Durchschnitts entwickelt hätte. Das Regelwerk für das Market-Timing hierbei besagt:
- Wir kaufen einen S&P 500 ETF immer dann, wenn der S&P 500 über seinen 200-Tage-Durchschnitt steigt.
- Der S&P 500 ETF wird verkauft, sobald der S&P 500 unter seinen 200-Tage-Durchschnitt fällt.
Im folgenden Chart siehst du, wie sich ein Investment in den S&P 500 zwischen Anfang 2001 und Ende 2024 entwickelt hätte. Das Buy-and-Hold-Investment ist von Anfang bis Ende durchgehend im Index investiert geblieben, während das Market-Timing-Investment die gerade beschriebene Strategie umgesetzt hat.

Gerade in den frühen 2000er-Jahren wäre diese Strategie alles andere als schlecht gewesen. Die Rendite war zwar nicht unbedingt höher als die eines Buy-and-Hold-Investments, dafür konnten die großen Drawdowns reduziert werden.
Über den gesamten Zeitraum hingegen fällt die Rendite der Market-Timing-Strategie deutlich geringer aus. Eine Geldanlage von 10.000 USD in den S&P 500 Total Return Index Anfang 2001 hätte Ende 2024 einen Wert von 72.300 USD gehabt. Die Market-Timing-Strategie kam hingegen nur auf einen Wert von 49.260 USD. Hier nochmal die jährlichen Renditen im Vergleich:
- S&P 500 Buy-and-Hold: jährliche Rendite von 8,6%
- S&P 500 Market-Timing: jährliche Rendite von 6,9%
Vor allem in den letzten Jahren hätte die Market-Timing-Strategie im Vergleich zu einem Buy-and-Hold-Investment deutlich schlechter abgeschnitten. Als erstes Fazit lässt sich festhalten, dass sich mit solch einer Market-Timing-Strategie zwar der Drawdown reduzieren lässt, dafür sinkt aber auch deine Rendite.
4. Alternative zur Timing-Strategie: Weniger Aufwand mit Sparplänen
Eine gute Alternative zum Market-Timing sind Sparpläne. Bei einem Sparplan werden in regelmäßigen Abständen (meist monatlich) vorher definierte Beträge in unterschiedliche Wertpapiere investiert. Mit einem Sparplan in einen ETF musst du auch kein Stock Picking betreiben und kannst stattdessen vom Dollar Cost Averging Effekt profitieren.
Ein Sparplan kann so eingestellt werden, dass er zu einem bestimmten Tag eines Monats ausgeführt und dann jeden Monat derselbe Betrag investiert wird. Vorteil dieser Vorgehensweise ist, dass du dir keine Gedanken über einen guten Zeitpunkt für den nächsten Kauf machen musst. Deine Market Timing ETF Strategie kann also so aussehen, dass dein Timing darin besteht jeden Monat einen festen Betrag zu investieren.
Zunächst mag der Gedanke aufkommen, dass es doch besser ist, auf eine Korrektur zu warten und zu günstigeren Kursen einzusteigen, anstatt jeden Monat einen festen Betrag unabhängig von der Entwicklung des Marktes zu investieren.
Versuchst du diese Strategie umzusetzen, kann es aber passieren, dass du über Monate hinweg kein Geld investierst, weil der Markt kontinuierlich steigt. Du versuchst dann auf Korrekturen zu warten. Irgendwann sind die Tiefs dieser Korrektur aber höher als die Kurse zu denen du investiert hättest, wenn du einen monatlichen Sparplan umsetzen würdest.
Die folgende Abbildung anhand des S&P 500 zeigt dieses Szenario nochmal ganz gut:

In einigen Fällen wird es dir gelingen, mit Market-Timing einen guten Einstieg zu finden. Langfristig betrachtet lässt sich die Rendite damit aber in der Regel nicht verbessern. Im Gegenteil: Du bist einem höheren psychologischen Druck ausgesetzt, wenn du über längere Zeit nicht investierst und nach dem „optimalen“ Kaufzeitpunkt suchst. Dieser psychologische Druck führt meist zu Fehlern und irrationalem Verhalten, was deine Rendite verschlechtert.
Du kannst dir hier merken, dass ein regelmäßig ausgeführter Sparplan über einen langen Zeitraum eine bessere Performance abwirft als der Versuch über Market-Timing immer zu den besten Kursen zu kaufen.
- Professionelle Plattform
- Hervorragender Handel
- Keine Kommissionen, nur Spreads


5. Timing the market: Vorteile und Nachteile im Überblick
Abschließend stellt sich die Frage, ob es nun besser ist dauerhaft im Markt investiert zu sein oder den Markt zu timen. Bei den Vor- und Nachteilen analysieren wir market timing vs. time in the market.
Vorteile von Market-Timing
Möglichkeit die Risiken in einem Crash zu reduzieren, wenn Market-Timing auf Basis eines quantitativen Regelwerks umgesetzt wird.
Verbesserung des Rendite-Risiko-Verhältnisses bei guter Market-Timing-Strategie möglich.
Kurzfristig kann die Chance genutzt werden günstige Kurse zum Kauf zu nutzen.
Nachteile von Market-Timing
Langfristig lässt sich durch Market-Timing die Rendite gegenüber einem Buy-and-Hold Investment nicht erhöhen.
Gefahr dem Markt hinterherzulaufen und nicht investiert zu sein, weil du darauf wartest günstige Kaufkurse zu bekommen.
Deutlich mehr Arbeitsaufwand und hoher psychologischer Druck im Vergleich zu einem Buy-and-Hold-Investment.
In Einzelfällen mag es funktionieren, über eine Market-Timing-Strategie den optimalen Kaufzeitpunkt zu finden. Langfristig werden sich Glück und Pech beim Market-Timing allerdings ausgleichen. Ein Buy-and-Hold-Investment erwirtschaftet in der Regel eine höhere Rendite als eine Market-Timing-Strategie. Es gilt das Motto: „Time in the market beats timing the market.“ – Also „Besser die ganze Zeit im Markt sein als den Markt zu timen.“