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Eine Euro Münze liegt auf einem 1-USD Geldschein

Parität zum Dollar: Was die historische Schwäche des Euros bedeutet

Wer viele US-Aktien im Depot hat, konnte sich in den letzten Tagen über den schwächelnden Euro freuen.

Allerdings ist die Parität zum Dollar kein sonderlicher Grund zum Jubeln. Gerade in Bezug auf die Inflationsentwicklung tun sich einige Fragen auf, welche wir im Zuge dieses Beitrags beleuchten wollen.

Welche langfristigen Chancen und Risiken gibt es zu berücksichtigen? Gibt es Gewinner eines schwachen Euro-Kurses?

1. Was ist eigentlich die Parität zum US-Dollar?

In den Medien wurde großflächig über den fallenden Euro-Kurs berichtet. Unter dem Begriff Parität versteht man die Gleichheit zwischen zwei Werten.

Mit anderen Worten bedeutet die Parität des Euros zum US-Dollar, dass du für 1 Euro auch 1 US-Dollar erhältst.

Bisher war der Euro stets die wertvollere Währung. Lediglich 2002, kurz nach der Euro-Einführung gab es eine Gleichheit der beiden Währungen. Allerdings hat der Euro insbesondere in den vergangenen Monaten an Wert verloren.

Kursverlauf des EUR gegenüber dem USD sinkt seit 2007
Genauer genommen sinkt der Eurokurs seit der letzten Finanzkrise und verlor seit dem Hoch knapp 38% an Wert. Bildquelle: Tradingview.com

Euro im Vergleich zu anderen Währungen weiterhin stark

Dass der Euro im Vergleich zum US-Dollar an Wert verliert, liegt unter anderem an der relativen Schwäche der europäischen Gemeinschaftswährung.

Allerdings zeigt sich im Vergleich, dass der Euro noch immer relativ stark ist. Insbesondere im Vergleich zum japanischen Yen konnte sich der Euro behaupten.

Vergleicht man die Wertentwicklung des Euros im Wechselkurs mit denen anderer Währungen, zeigt sich sogar eine vergleichsweise hohe Stabilität.

Euro Wechselkurse mit anderen großen Währungen seit 2017
Bis auf den Wechselkurs mit dem Kanadischen Dollar verhielt sich der Euro ziemlich stabil. Bildquelle: Tradingview.com

2. Welche Gründe sorgen für einen schwachen Euro?

Zur Erklärung der Schwäche des Euros nennen Experten aktuell zwei zentrale Gründe:

  1. Die Furcht vor einer Rezession
  2. Abhängigkeit Europas von russischen Energieträgern

Im Folgenden wollen wir die beiden Aspekte etwas genauer betrachten.

Konjunktursorgen und drohende Rezession

In den vergangenen Monaten ist die Inflation innerhalb Europas rasant gestiegen. Grund hierfür sind unter Anderem Störungen in den Lieferketten, Energieknappheit und die expansive Geldpolitik der letzten Jahre.

Insgesamt können deutsche Industrieunternehmen weniger Waren produzieren. Lieferzeiten für Fahrzeuge, elektrische Geräte und Industrieprodukte haben sich verlängert.

Zahlreiche Unternehmen können die bestehende Nachfrage nicht bedienen. Hinzu kommt eine außergewöhnlich hohe Inflation, welche die Fertigung teurer macht.

Ein Teil der steigenden Kosten lässt sich an die Konsumenten weitergeben. Dies führt allerdings zu Problemen, da aktuell davon ausgegangen werden muss, dass es zu einer Lohn-Preis-Spirale kommen könnte.

Arbeitnehmer fordern aufgrund der hohen Inflation steigende Löhne. Diese steigern die Kosten in den Unternehmen und sorgen für steigende Preise.

Steigende Kosten und Preise bei sinkender Wirtschaftsleistung könnten Deutschland und gesamt Europa in eine Rezession führen. Entsprechend abgewertet wird auch der Euro als Leitwährung der EU-Staaten.

Abhängigkeit vom russischen Gas

Deutschland als wichtigste Volkswirtschaft im Euroraum ist abhängig von Russland. In den vergangenen Jahren hat sich die Bundesrepublik in seiner Energiepolitik abhängig von Russland gemacht.

Grund hierfür waren günstige Preise bei Kohle, Öl und Gas. Die Ampel-Koalition hat diesen Umstand erkannt und möchte Deutschland zu einem nachhaltigen Land transformieren.

Ungeplant war jedoch der Ausbruch des Ukraine-Konflikts und die damit einhergehenden Sanktionen.

Ohne den russischen Angriffskrieg hätte Deutschland womöglich keine Probleme in der Energieversorgung erlitten.

Es wäre zum nachhaltigen Wandel gekommen. Fossile Energieträger hätten perspektivisch an Relevanz verloren und regenerative Energien die Energiepolitik des Landes geprägt.

Die Sanktionen führen nun dazu, dass die westlichen Staaten bestimmte russische Rohstoffe nicht weiter beziehen, um das Land wirtschaftlich zu schwächen.

So soll beispielsweise kein russisches Öl bezogen werden, welches eine wichtige Rolle für Russland spielt. Erdgas ist ein sogenanntes Abfallprodukt, welches bei der Ölförderung und -verarbeitung entsteht.

Russland exportiert einen Großteil seines Erdgases nach Europa. Die Abwicklung findet über das börsennotierte Staatsunternehmen Gazprom statt.

In Europa und insbesondere in Deutschland spielt das Erdgas jedoch eine tragende wirtschaftliche Rolle.

Kreisdiagramm zur Energieverwendung in Deutschland
Datenquelle: equinor.de

Würde Russland also die Gaslieferungen einstellen, würde Deutschland ein signifikanter Energieträger fehlen. Zeitgleich leitet Deutschland Gas in andere europäische Staaten weiter. Folglich würde es zu einem konjunkturellen Einbruch innerhalb der EU kommen.

Kreisdiagramm zur Gasverwendung in Deutschland
Datenquelle: BDEW

Besonders prekär ist die Situation, wenn wir uns die Gasverwendung als solche anschauen. 35,3 % des deutschen Gaskonsums entfällt auf die Industrie. DAX-Unternehmen wie BASF sind auf Gas angewiesen.

Würde nicht mehr ausreichend Gas zur Verfügung stehen, stünde uns ein Einbruch der Wirtschaftsleistung bevor. Zeitgleich würde sich die Preisentwicklung aufgrund steigender Produktionskosten nicht entspannen.

Ausgangssituation zeichnet düsteres Bild für den Euroraum

Insgesamt ist die Ausgangssituation als kritisch zu bezeichnen. Ohne Gas steht Europa vor einem wirtschaftlichen Abschwung. Der anhaltende Ukraine-Konflikt dürfte diesen Status Quo nicht auflösen.

Bis neue Lieferanten gefunden und die passende Infrastruktur aufgebaut ist, werden noch Monate vergehen.

Insgesamt lässt sich aufgrund dieser wirtschaftlichen Rahmenbedingungen die Abwertung des Euros nachvollziehen.

3. Der US-Dollar profitiert als sicherer Hafen

Nun stellt sich natürlich die Frage, warum der Kurs der US-Währung aktuell so stark gegenüber dem Euro steigt?

Der US-Dollar ist die führende Währung im internationalen Finanzmarkt. Der US-Dollar gilt als sicherer Hafen in unsicheren Zeiten.

Hinzu kommt, dass die US-Notenbank, die Federal Reserve (FED), die Leitzinsen stark erhöht. US-Staatsanleihen werden für Anleger attraktiver – es fließt mehr Kapital in diese Wertpapiere.

Und wie in den Ausgangssituationen beschrieben lassen sich die Märkte im Zuge von Inflations- und Rezessionsängsten als unsicher beschreiben. Geld fließt vermehrt in sichere Häfen, unter anderen in den Dollar.

Zudem gilt für den US-Markt, dass dieser sich selbst mit Energie versorgen kann – Energieimporte wie in Europa sind nicht notwendig.

Insgesamt präsentiert sich der US-Dollar aktuell als die sicherere Währung.

4. Parität zum US-Dollar ist ein zweischneidiges Schwert

Nun müssen wir an dieser Stelle berücksichtigen, dass Deutschland international ein Exportweltmeister ist.

Unsere Handelsbilanz war in der Vergangenheit stets positiv und der starke Euro für unsere Exporte eher ein Problem.

Nun könnte man annehmen, dass deutsche Unternehmen von günstigeren Wechselkursen profitieren. Allerdings haben wir bereits das Problem des knappen Angebots angesprochen.

Aufgrund der Lieferkettenprobleme können Unternehmen aktuell nicht die Nachfrage bedienen – folglich sind auch die Exporte zurückgegangen.

Bei einer Parität zwischen Euro und US-Dollar müssen US-Kunden weniger Geld für das gleiche Produkt bezahlen. Folglich werden Importe aus Deutschland attraktiver.

Der Euro könnte die Inflation befeuern

Neben den sinkenden Exporten gibt es ein zweites Problem. Rohstoffe und Vorprodukte werden an den Weltmärkten grundsätzlich in US-Dollar gehandelt.

Dementsprechend sind Ausfuhren aus Deutschland nun günstiger und Importe nach Deutschland teurer.

Dementsprechend müssen Unternehmen nun mehr Geld aufwenden, um Rohstoffe für die Produktion zu erwerben.

Die höheren Kosten werden die Unternehmen wiederum an die Endkunden weitergeben – die Preise steigen.

Somit ist davon auszugehen, dass der schwache Euro die Inflation innerhalb Europas weiter antreiben wird.

5. Ausblick: Weitere Abwertung des Euros möglich

Wie sich der Markt in den kommenden Wochen entwickelt, lässt sich nicht mit Sicherheit sagen.

Eine erste Einschätzung werden wir in wenigen Tagen erhalten, denn wenn Russland die Gaslieferungen nicht hochfährt, könnte es zu einer weiteren Abwertung des Euros kommen.

Die Inflation in Europa würde steigen und eine Rezession eintreten. Viele Verbraucher müssten höhere Kosten für Gas aufbringen.

Zinserhöhungen als Lösung?

Eine oft diskutierte und geforderte Maßnahme zur Bekämpfung der Inflation sind Zinserhöhungen durch die EZB.

Bei steigenden Zinsen sinkt tendenziell die Nachfrage an den Märkten. Konsumenten tendieren eher zum Sparen und die Umlaufgeschwindigkeit des Geldes nimmt ab.

Eine Zinserhöhungen muss nicht unbedingt zielführend sein.

Die steigenden Preise resultieren nämlich nicht unmittelbar aus der Geldmenge, sondern aus der Ressourcenknappheit, die durch den Leitzinssatz offensichtlich nicht gut gesteuert werden kann.

Die EZB selbst agiert mit Blick auf Zinserhöhungen eher zurückhaltend. Grund hierfür ist der Zinsdruck, der die Stabilität einiger EU-Staaten gefährden könnte.

6. Welche Möglichkeiten habe ich als Anleger nun?

Der Ausblick auf die weitere Entwicklung ist nicht besonders erfreulich.

Umso wichtiger sind gute Investitionen zum Schutz der eigenen Finanzen. Anleger sollten nun agieren.

Ein erster guter Ansatz ist eine globale Diversifikation. Während die Konjunktur in Europa auf dem Abschwung ist, sehen die Arbeitsmarktdaten in den USA sehr vielversprechend aus.

Grundsätzlich solltest du vermehrt in sichere Aktien investieren.

Insbesondere Wachstumsaktien, z.B. riskante Tech-Aktien, sind aktuell eine eher heiße Wette, denn durch die steigenden Zinsen müssen Cashflows abgezinst werden.

Wachstumsunternehmen reinvestieren viel Kapital und verschieben somit Gewinne in die Zukunft. Schlussendlich kommt es unter diesen Umständen zu einer Neubewertung.

Aktien mit Burggraben als Lösung

Stattdessen zeigt sich, dass vor allen Dingen Unternehmen mit funktionierenden Geschäftsmodellen profitieren.

Je tiefer der Burggraben des Geschäftsmodells, desto stabiler präsentiert sich der Aktienkurs.

Insbesondere „langweilige Aktien“ wie Coca Cola, Pepsi Co. oder Johnson & Johnson liefen in diesem Jahr sehr gut.

In unserem Artikel zu den Gewinnern der Inflation gehen wir tiefer auf die entsprechenden Aktien ein.

Grundsätzlich solltest du jedoch risikoreiche Investments vermeiden oder deine Allokation in riskanten Bereichen überdenken.

7. Fazit zur Dollar Parität

Abschließend lässt sich festhalten, dass die Parität des Euros zum US-Dollar ein zweischneidiges Schwert ist.

Einerseits verbessern sich die Rahmenbedingungen für exportierende Unternehmen. Andererseits steigenden die Beschaffungskosten für Rohstoffe und Vorprodukte. Dementsprechend ist auch mit steigenden Preisen zu rechnen.

Eine solche Entwicklung wäre nicht schädlich, wenn das Wachstum Schritt halten würde. Allerdings funktioniert das in Zeiten des knappen Angebots nicht.

Hinsichtlich deiner Kapitalanlagen solltest du vermehrt auf sichere Aktien setzen. Anleihen sind aufgrund der noch immer geringen Verzinsung nicht wirklich spannend – könnten zukünftig aber immer mehr auf die Bildfläche treten.

Ich persönlich denke, dass wir vorübergehend in eine Rezession kommen werden. Allerdings bin ich auch zuversichtlich, dass weiterhin ausreichend Gas nach Europa kommen wird, um unsere Wirtschaft am Laufen zu halten.

Hi! Ich bin
👋

Ich bin einer der Gründer und von Finanzwissen.de. Nach einem erfolgreichen Startup Exit habe ich es mir mit Finanzwissen.de zum Ziel gesetzt, jungen Leuten die Grundlagen des Vermögensaufbaus näherzubringen. Mit meinem Studium der Mathematikdidaktik und meinen Tätigkeiten für einen Investment-Fonds als Background versuche ich, dir modernes Finanzwissen einfach aufbereitet weiterzuvermitteln.

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