finanzwissen.de

Kaisa Group: Droht der nächste Evergrande-Moment?

Seit Monaten sorgt die Evergrande Group mit ihren Schulden international für Schlagzeilen. Die Finanzmärkte blicken genau auf die Entwicklung des chinesischen Immobilienkonzerns. Nun gerät mit der Kaisa Group ein weiterer chinesischer Bauentwickler in Schwierigkeiten.

Das Unternehmen wurde 1999 von Kwok Ying Shing in der Stadt Shenzhen gegründet. Die aktuellen Zahlungsschwierigkeiten sind für die Kaisa Group kein Novum. Bereits 2015 geriet das Immobilienunternehmen bei einer Auslandsanleihe in Verzug. Zwar konnte sich der Konzern bis 2017 erholen, jedoch steht die Kaisa Group inzwischen wieder vor ähnlichen Herausforderungen.

Die Kaisa Group ist nicht ausschließlich im Immobiliensektor tätig. Hinzu kommen noch weitere Geschäftsfelder wie z.B. medizinische Dienstleistungen, Technologie und Tourismus. Dennoch liegt der Fokus auf Immobilien und Stadterneuerung. In ganz China betreut Kaisa 200 Stadterneuerungsprojekte.

In diesem Artikel betrachten wir die Zahlungsschwierigkeiten der Kaisa Group und deren Auswirkungen auf den chinesischen Immobilienmarkt. Außerdem werfen wir im weiteren Verlauf einen kritischen Blick auf die Folgen für die internationalen Finanzmärkte.

1. Kaisa Group und der chinesische Immobilienmarkt: Gibt es eine Blase?

Die Preisentwicklung des chinesischen Immobilienmarktes kannte in den letzten Jahren nur eine Richtung. Insbesondere in Metropolen wie Peking, Shanghai und Guangzhou erreichen die Immobilienpreise astronomische Höhen. Selbst die Pandemie änderte zunächst nichts an dieser Entwicklung. Daher ist die chinesische Regierung sehr wachsam.

Kann man in China von einer Immobilienblase sprechen? Das folgende Beispiel zeigt die Preisexplosion im chinesischen Immobiliensektor.

Ende der 90er Jahre kostete eine 60-Quadratmeter-Wohnung in Peking umgerechnet etwa 25.000 €. Heutzutage muss ein Käufer für die gleiche Immobilie ca. 800.000 € aufwenden.

Wir schauen uns ein paar Gründe für diese extreme Entwicklung an.

  • Im Jahr 2000 lebten 40 % der Bevölkerung unter der Armutsgrenze
  • Heute beträgt diese Zahl weniger als 1 %
  • Vergabe von billigen Krediten ermöglichte den Kauf eines Eigenheims
  • Immobilien stellen für viele Chinesen die sicherste Wertanlage dar
  • Urbanisierung als Preistreiber
  • Die Regierung legte umfassende Konjunkturprogramme auf
  • Immobilienpreise sind Ausdruck des starken Wirtschaftswachstums

Die steigenden Immobilienpreise in China schützen jedoch nicht automatisch vor Zahlungsschwierigkeiten. Im folgenden Abschnitt liefern wir eine Übersicht zur Schuldenlast der Immobilienentwickler Kaisa und Evergrande.

2. Zahlungsverpflichtungen von Kaisa Group und Evergrande

Die Kaisa Group hat Investoren und Banken um einen Zahlungsaufschub gebeten. Des Weiteren wurde der Immobilienkonzern von der Ratingagentur Fitch herabgestuft. Das Rating wurde von CCC auf C reduziert. Diese Einstufung steht für einen wahrscheinlichen Zahlungsausfall, der Ausgang ist jedoch noch nicht klar.

ratingskala
Ratingskala der Big Three aus den USA (Quelle: Lumenlearning)

Um die anstehenden Zinszahlungen zu begleichen, kündigte die Kaisa Group den Verkauf diverser Vermögenswerte an. Hierzu fanden bereits Gespräche mit Investmentfonds und Banken statt. Erst kürzlich konnte eine Tochterfirma des chinesischen Immobilienentwicklers inländische Gläubiger nicht bedienen. In Folge dessen wurde der Handel der Kaisa Aktien vorübergehend ausgesetzt. Aufgrund der anstehenden Fälligkeiten über mehrere hundert Millionen Dollar nimmt die Nervosität zu. Die Kaisa Group hat erhebliche Schulden bei Auslandsinvestoren.

Das Unternehmen muss in den nächsten 12 Monaten 3,2 Milliarden Dollar an Offshore-Anleihen bedienen.

Evergrande übertrifft die Kaisa Group hinsichtlich der Auslandsschulden. Die Nummer 2 unter Chinas Immobilienkonzernen konnte zwar zum dritten Mal innerhalb kurzer Zeit eine Pleite abwenden, die nächste Herausforderung steht jedoch schon vor der Tür.

Eine Zahlung i.H.v. 148 Millionen Dollar wurde beglichen. Davor hatte Evergrande allerdings um Zahlungsaufschub gebeten. Somit konnte das Unternehmen etwas Zeit gewinnen.

Im folgenden geben wir eine Übersicht zu den kommenden Terminen der Evergrande Group.

  • 28. Dezember: Zinszahlung über 255,2 Millionen Dollar
  • 22. Januar 2022: Zinsen i.H.v. 117,5 Millionen Dollar
  • 24. Januar 2022: 235 Millionen Dollar
  • 23. März 2022: Fälligkeit einer kompletten Anleihe. 2,1 Milliarden Dollar.
  • 11. April 2022: Weitere 1,5 Millarden Dollar für eine Anleihe

In Honkong gehen die Meinungen zur Zahlungsfähigkeit der Evergrande Group auseinander.

Mit Verbindlichkeiten von über 300 Milliarden Dollar gilt Evergrande als weltweit am höchsten verschuldeter Immobilienkonzern.

3. Chinesische Kaisa Group: Gibt es Parallelen zu Lehman Brothers?

Die aktuelle Situation hat gewisse Ähnlichkeiten mit der Lehman Brothers Pleite. Die Insolvenz der US-Investmentbank war Auslöser der globalen Finanzkrise 2007-2009. Die damaligen Ereignisse sind bis heute für viele Marktteilnehmer ein Rätsel. Der amerikanische Immobilienmarkt galt als sehr sicher und fast niemand sah den Ausfall der Hypotheken kommen. Vergleichen wir die heutige Ausgangslage mit der Lehman Krise, so ergeben sich Parallelen. Enorme Schuldenberge, eine sehr hohe Bewertung des chinesischen Immobilienmarktes und die wirtschaftliche Schieflage von Big Playern wie Evergrande und Kaisa.

Droht ein Crash der Kaisa Group?

Ein entscheidender Unterschied zwischen der amerikanischen Immobilienkrise und der Situation am chinesischen Markt ist die Kreditvergabe. Damals konnte eine Person in den USA fast ohne Einkommen und ohne Eigenkapital mehrere Immobilien kaufen. Zudem lagen die Zinsen für die Finanzierung in den ersten Jahren bei Null.

Selbst die NINJA-Gruppe konnte Immobilien erwerben. Der Begriff steht für no income, no job, no assets. Es war also möglich ohne  nennenswertes Einkommen, ohne Job und ohne Vermögenswerte eine oder mehrere Immobilien in den USA zu erwerben. Die Idee dahinter war quasi durch Wertsteigerung der Immobilie den Kredit abzusichern und abzuzahlen.

Eine sehr waghalsige Idee. Insbesondere wenn dieses Konzept von Millionen angewendet wird. Die Finanzkrise von 2007-2009 löste einen internationalen Börsencrash aus. Viele Kleinanleger verloren ihr Geld, zusätzlich verloren viele Menschen in den USA ihr Eigenheim.

Durch maßlose und kaum regulierte Kreditvergabe war das Platzen der Immobilienblase einprogrammiert.

Chinesischer Immobilienmarkt im Vergleich zu den USA

In China hingegen benötigen Käufer zwischen 30 und 70 % Eigenkapital, zudem ist der Erwerb pro Familie auf zwei Wohnungen begrenzt. Die Zinsen liegen bei 5-6 %.

Minimale Zinserhöhungen reichten damals aus um den amerikanischen Immobilienmarkt zum Einsturz zu bringen. Die Ausgangslage in China ist eine andere. Im letzten Abschnitt betrachten wir mögliche Folgen für die internationalen Finanzmärkte.

4. Kaisa Group - Crash am chinesischen Markt und Auswirkungen auf die internationalen Aktienmärkte

Die Kaisa Group ist gemessen am Umsatz deutlich kleiner als Evergrande. Beide Unternehmen haben zwar hohe Schulden, jedoch ist eine Insolvenz momentan noch nicht abzusehen. Bisher ist die Regierung sehr zurückhaltend in dieser Angelegenheit. Zum Teil steckt auch eine Regulierung des chinesischen Immobilienmarktes dahinter.

Ein positives Zeichen ist die Quote der faulen Kredite. Der Anteil liegt bei 1,6 %, 2012 waren es noch 12 %. Ziel des chinesischen Staates ist es ohnehin einen gesünderen Immobiliensektor zu schaffen. Daher werden Evergrande und die Kaisa Group künftig stärker reguliert.

Des Weiteren wird die chinesische Regierung im worst case sicherlich nicht tatenlos zuschauen.

Vorerst ist nicht von einem Crash am chinesischen Immobilienmarkt auszugehen. Eher von einer Abkühlung. Die Nachrichten um Evergrande kursieren seit einigen Monaten. Die Kaisa Group hatte bereits 2015 ähnliche Probleme. Dennoch sind die internationalen Aktienmärkte momentan stabil.

Grundsätzlich sollten Privatinvestoren, die Aktien oder ETFs halten, regelmäßig die Nachrichtenlage im Blick behalten. Panik oder Aktionismus sind hierbei allerdings keine guten Berater. Kurzfristige Verwerfungen an den Finanzmärkten gehören beim Geld Investieren dazu und der Fokus sollte stets auf den langfristigen Entwicklungen liegen.

 

Hi! Ich bin
👋

Ich bin gelernter Bankkaufmann und leidenschaftlicher Privatinvestor. Meine ersten Aktien habe ich im Alter von 14 gekauft und dabei die Börse kennengelernt. Seitdem beschäftige ich mich intensiv mit dem Geschehen an den Finanzmärkten und den unterschiedlichen Anlageklassen. Getreu dem Motto "man lernt nie aus" möchte ich mir ständig neues Wissen aneignen und so viel wie möglich an andere weitergeben.

Antworten

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert