Value Investing: Was steckt hinter der Handelsstrategie?
Du möchtest gerne investieren wie die großen Value-Anleger Warren Buffett oder Benjamin Graham? Dann solltest du dich mit dem Thema Value Investing mit Aktien genauer auseinandersetzen. Wir erklären dir in diesem Artikel, wie Value-Investing funktioniert, wie der Value-Ansatz entstanden ist und wo die Vor- und Nachteile der Geldanlage in Value-Aktien liegen.
Viel Spaß beim Lesen!
1. Was ist Value Investing? – Definition und Geschichte
Beim Value Investing handelt es sich um eine Anlagestrategie, bei der Investoren Ausschau nach unterbewerteten Aktien halten.
Value Investing und der innere Wert
Im Fokus des Value-Investings steht primär die Ermittlung des fairen Wertes bzw. des inneren Wertes eines Unternehmens. Sobald dieser ermittelt ist, kann in Abhängigkeit des Preises der Aktie geprüft werden, ob die Aktie im Verhältnis zu ihrem inneren Wert günstig bewertet ist.
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Die Geschichte des Value Investings geht zurück auf die Value-Anleger Benjamin Graham und David Dodd. In den 1930er-Jahren begannen beide damit, an der Columbia Business School eine systematische Methode zur Bewertung von Aktien zu entwickeln. Eines der Standardwerke aus diesem Bereich ist das Value Investing Buch „Security Analysis“ von den beiden, welches im Jahr 1934 erstmalig erschienen ist.
In den 1940er-Jahren verbreitete Graham seine Methoden zur Aktienbewertung in Vorlesungen an der Columbia University. So konnten andere das Value Investing lernen.
Einer seiner Studenten war Warren Buffett. Die Grundlagen des Value Investings hat Warren Buffett demzufolge von Benjamin Graham gelernt. Im Jahr 1949 erschien mit „The Intelligent Investor“ ein weiteres wichtiges Buch von Benjamin Graham zum Value Investing.
Sonderform: Deep Value Investing
Eine Sonderform des Value Investings ist das Deep Value Investing. Der Begriff Deep Value Investing wurde ebenfalls von Benjamin Graham geprägt. Bei dieser Extremform liegt der Fokus auf besonders unterbewerteten Unternehmen, die aufgrund wirtschaftlicher Schwierigkeiten äußerst günstig bewertet sind. Diese Art des Investierens ist mit einem besonders hohen Risiko verbunden, da sie sich nur auszahlt, wenn dem jeweiligen Unternehmen der Turnaround gelingt.
Aktienbewertung hat sich verändert
Über die Jahre haben sich die Prinzipien der Aktienbewertung allerdings verändert und so sind die in den Erstfassungen geschilderten Methoden zur Aktienbewertung heute längst überholt. Heute weisen erfolgreiche Unternehmen eine gänzlich andere Bilanzstruktur auf als Mitte des 20. Jahrhunderts. Generell unterliegt das Value-Investing einem Wandel, und die für die Aktienbewertung verwendeten Aktienkennzahlen müssen auf das jeweilige Marktumfeld angepasst werden.
2. Wie ist die Vorgehensweise bei der Value-Investing-Strategie?
Möchtest du eine Value-Anlagestrategie umsetzen und Value Investing mit Aktien betreiben, musst du dazu bereit sein, dich mit einzelnen Unternehmen tiefgreifend zu befassen. Das Value Investing zielt darauf ab, Aktien sehr lange zu halten, weshalb ein hoher Rechercheaufwand für einzelne Positionen vertretbar ist.
Schritt 1: Screening von Aktien
Bevor du überhaupt beginnen kannst, einzelne Unternehmen als potenzielle Value-Aktien zu analysieren, ist eine Vorauswahl erforderlich. Aktien, in die du investieren kannst, gibt es Tausende zur Auswahl – alle zu analysieren ist allerdings unmöglich.
In einem ersten Schritt geht es daher darum, mithilfe eines Aktien-Screeners ein großes Anlageuniversum nach klassischen Value-Kennzahlen zu filtern. Neben Bewertungs-Kennzahlen wie dem Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) oder dem Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) sollte ein Blick außerdem auf die Eigenkapitalquote, die Gesamtkapitalrentabilität sowie die PEG-Ratio gehen.
Leider ist es schwer, hier konkrete Zielwerte vorzugeben, da die Bewertung von Unternehmen aus unterschiedlichen Branchen auch stark voneinander abweicht. Bei der Suche nach Value-Aktien bietet es sich daher an, ähnliche Unternehmen miteinander zu vergleichen und die am günstigsten bewerteten in eine engere Analyse aufzunehmen.
Schritt 2: Bilanzanalyse
In der Bilanzanalyse geht es darum, dass du dich mit den Aktien, die du in Schritt 1 ausfindig gemacht hast, ausführlicher beschäftigst. Mithilfe der Bilanzen der letzten Jahre bist du in der Lage, eine Fundamentalanalyse durchzuführen und zu beurteilen, wie stark das Unternehmen gewachsen ist und ob es eine solide Finanzierungsstruktur aufweist.
Schritt 3: Berechnung des inneren Wertes
Der innere Wert eines Unternehmens gibt an, wie viel ein Unternehmen aus heutiger Sicht tatsächlich wert ist. Dieser Wert ist nicht zwangsläufig identisch mit dem Aktienkurs, zu dem das Unternehmen an der Börse gehandelt wird.
Eine häufig verwendete Methode zur Ermittlung des inneren Wertes einer Aktie ist das Discounted-Cash-Flow-Verfahren (DCF). Hierbei geht es darum, künftige Cashflows auf den heutigen Tag zu diskontieren. Eine ausführliche Erklärung zum DCF-Verfahren findest du in unserem zugehörigen Artikel.
Schritt 4: Qualitative Analyse
Neben der quantitativen Analyse solltest du anschließend auch noch qualitative Faktoren prüfen. Hierbei geht es insbesondere um die Beurteilung der Qualifikation des Managements und seiner bisherigen Erfolgsgeschichte. Außerdem gilt es, die Marktposition des Unternehmens zu beurteilen und einzuschätzen, wo Chancen und Risiken im Vergleich zu Mitbewerbern liegen.
Schritt 5: Regelmäßige Überprüfung
Bist du nach den ersten vier Schritten zum Ergebnis gekommen, dass die jeweilige Aktie, die du analysiert hast, kaufenswert ist, muss die Position regelmäßig überwacht werden. Die Bewertungen von Aktien verändern sich ständig und auch das Marktumfeld unterliegt einem stetigen Wandel.
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Value-Aktien sollen nach Möglichkeit zwar langfristig gehalten werden. Stellst du allerdings fest, dass eine Aktie die Kriterien als Value-Aktie nicht mehr erfüllt, ist ein Verkauf erforderlich.
3. Value-Investing mit Aktien oder ETF?
Eine einfache Alternative für Value Investing mit Aktien bieten sogenannte Value-ETFs. Ein anschauliches Beispiel hierfür ist ein Faktor-ETF wie der iShares Edge MSCI World Value Factor ETF. Anlageschwerpunkt dieses ETFs sind Unternehmen, deren Fundamentaldaten auf eine Unterbewertung der Aktien hindeuten.
Aktuell enthält der MSCI World Value Factor ETF knapp 400 Einzeltitel. Damit wird bereits deutlich, dass es sich hierbei nicht um fokussiertes Investieren in einzelne Value-Aktien handelt.
Und da liegt auch schon der wesentliche Unterschied zu einer eigens umgesetzten Value-Strategie. Entscheidest du dich dafür, ein eigenes Value-Depot aufzubauen, ist dieses mit 20 Aktien bereits gut diversifiziert. Dein Fokus liegt hierbei klar auf einzelnen Unternehmen und dem Ziel, mit diesen einzelnen Aktien langfristig erfolgreich zu sein.
Ein Faktor-ETF wie der MSCI World Value-Factor ETF deckt den breiten Markt hingegen besser ab und weist somit auch ein geringeres Risiko auf. Der ETF setzt im Vergleich zu einem klassischen MSCI World ETF einen Schwerpunkt im Bereich der Value-Aktien, mit einer fokussierten Value-Strategie hat solch ein ETF allerdings wenig gemein.
4. Value-Strategie: Abgrenzung zu anderen Anlagestrategien
Der Value-Ansatz ist eine Stratgie, auf die sich Anleger fokussieren können. Es gibt aber noch eine ganze Reihe weiterer Strategien, die du umsetzen kannst:
- Buy-and-Hold: Bei einer Buy-and-Hold-Strategie werden Aktien einmalig gekauft, mit dem Ziel, sie äußerst lange (nach Möglichkeit Jahrzehnte) zu halten. Diese Strategie lässt sich hervorragend mit ETFs umsetzen.
- Core-Satellite: Bei der Core-Satellite-Strategie wird ein Großteil des Depots in ein Basisinvestment wie einen MSCI World ETF investiert (das ist der Core). Um diesen Core herum werden dann mehrere Satelliten gebaut. Hierbei kann es sich um themenspezifische ETFs, einzelne Aktien oder eine eigens konzipierte Value-Anlagestrategie handeln.
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- Growth Investing: Das Growth Investing stellt zum Value Investing einen klaren Gegensatz dar. Bei einer Growth-Strategie liegt der Fokus vor allem darauf, in Unternehmen mit besonders hohen Wachstumsraten zu investieren. Diese Aktien werden auch als Wachstumsaktien bezeichnet.
- Momentum Investing: Bei einer Momentum-Strategie stehen weniger die Fundamentaldaten im Fokus, sondern die Kursentwicklung einzelner Aktien. Ziel ist es, in Aktien zu investieren, die starke und intakte Aufwärtstrends aufweisen, um so von der Fortsetzung des Trends zu profitieren.
- Modern Value Investing: Das modern Value Investing ist eine neuere Form des Value-Investings und an die Marktbedingungen der letzten Jahre angepasst. Beim modern Value Investing können auch höher bewertete Aktien gekauft werden, sofern sie ein sehr stabiles Wachstum aufweisen und deutliche Wettbewerbsvorteile haben.
Möchtest du primär in Aktien und nicht noch in andere Anlageklassen investieren, besteht auch die Möglichkeit, mehrere dieser Strategien umzusetzen. So erhältst du in deinem Depot eine bessere Diversifikation.
5. Vorteile und Nachteile des Value-Investing
In diesem Kapitel erhältst du eine kompakte Zusammenfassung der Vor- und Nachteile der Value-Strategie.
Vorteile der Value-Anlagestrategie
Value-Investing bietet die Chance, langfristig höhere Renditen zu erzielen.
Mit dem Value-Ansatz und guten Value-Aktien bist du in der Lage, ein Depot aus stabilen Unternehmen aufzubauen.
Da die Grundlage des Value-Investings ein klares Regelwerk ist, sind die Handelsentscheidungen weniger von Emotionen getrieben.
Nachteile des Value-Investings
Bis sich Investitionen in Value-Aktien auszahlen und du eine höhere Rendite erzielst, kann es mehrere Jahre dauern.
Gefahr von Value-Fallen: Hierbei handelt es sich um Aktien, die zwar günstig sind, deren günstige Bewertung allerdings auf eine miserable Geschäftsentwicklung zurückzuführen ist. Deren Chancen einer Erholung sind meist gering.
Die Bewertung von Aktien im Rahmen des Value-Investings ist sehr zeitintensiv.
6. Häufige Fragen zum Value-Investing
Unsere Inhalte spiegeln nur die Meinungen und Erwartungen der Autoren wider und stellen somit keine Empfehlung zum Kaufen, Halten oder Verkaufen der genannten Wertpapiere dar.
Als Anleger*in trägst Du die volle Verantwortung für Deine Investitionsentscheidungen.
Die Autoren können in einige der beschriebenen Assets investiert sein und somit ein Interesse an deren Kursentwicklung haben.
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