
Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung? – Definition und Berechnung
Du hast bereits einen Darlehensvertrag unterschrieben oder bist gerade dabei, dir Gedanken über einen Kredit zu machen? Während der Darlehenslaufzeit kann es vorkommen, dass du das Darlehen aus den verschiedensten Gründen, wie beispielsweise einem Hausverkauf, nicht mehr benötigst. Doch was passiert dann mit dem laufenden Kredit? In diesem Kontext wirst Du mit dem Begriff der Vorfälligkeitsentschädigung konfrontiert.
Es gibt bestimmte Gründe und Gesetze, die eine vorzeitige Ablösung des Darlehens, auch während der Sollzinsbindungsfrist, regeln. In diesem Beitrag blicken wir auf die zugrundeliegenden Gesetze, die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung und stellen uns die Frage, inwiefern eine vorzeitige Ablösung sinnvoll ist.
1. Was ist eine Vorfälligkeitsentschädigung?
Eine Vorfälligkeitsentschädigung ist eine Gebühr, die vom Kreditnehmer bei vorzeitiger Ablösung des Darlehens während einer Sollzinsbindungsfrist an den Kreditgeber gezahlt werden muss.
Eine Vorfälligkeitsentschädigung und die damit verbundene Berechnung ist immer auf eine gesetzliche Grundlage zurückzuführen.
Im Laufe des Artikels werde ich auf diese Grundlagen eingehen.
Im Gegensatz zur Vorfälligkeitsentschädigung ist das Vorfälligkeitsentgelt nicht gesetzlich geregelt. Hier ist es reine Kulanz des Kreditgebers wenn das Darlehen vorzeitig zurückgezahlt werden kann. Die Berechnung des Vorfälligkeitsentgeltes liegt somit im Ermessen des Kreditgebers. Es gibt also keine gesetzliche Definition zur Berechnung des Vorfälligkeitsentgelts.
2. Vorfälligkeitsentschädigung beim Hausverkauf: Kann ich einen Hauskredit vorzeitig ablösen?
Wenn es sich um einen Immobilienkredit handelt, gilt grundsätzlich immer die Frage: Ist das Haus, das verkauft werden soll, auch das Sicherungsobjekt?
Um herauszufinden, ob das zu verkaufende Haus auch das Sicherungsobjekt ist, musst Du in deinen Darlehensvertrag blicken. Im Darlehensvertrag wird aufgeführt, welche Sicherheiten hinterlegt sind. Dient das Haus also als Sicherheit für das Darlehen, ist es auch bei den Sicherheiten genannt. Alternativ kannst du natürlich auch in deiner Zweckerklärung für Grundschulden überprüfen, ob das Darlehen darin genannt ist.
Gelegentlich kommt es nämlich vor, dass das Darlehen zwar für den Erwerb des Hauses gedacht war, also der Verwendungszweck war, aber nicht als Sicherheit dient.
Ist das zu verkaufende Haus auch das Sicherungsobjekt, so ist eine Ablösung durch Vorfälligkeitsentschädigung möglich.
Wenn das Haus verkauft wird, steht es dir gesetzlich zu, das Darlehen vorzeitig zurückzuzahlen. Die juristische Basis bildet §502 BGB, in welchem die Vorfälligkeitsentschädigung definiert ist.
Die Berechnung ist bei jeder Bank gleich, da sie gesetzlichen Vorgaben unterliegt. Die Berechnung zur Vorfälligkeitsentschädigung beim Hausverkauf ist sehr komplex, da sie verschiedenste Bedingungen mit einbeziehen muss, wie beispielsweise Sondertilgungsrechte.
Grundlage für die Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung ist die Gegenüberstellung des Sollzinssatzes laut Darlehensvertrag und dem Zinssatz, den der Kreditgeber bei Anlage des Darlehensbetrages am Geldmarkt erhalten würde.
Wenn es zum Hausverkauf kommt, dann muss das Darlehen auch zurückgezahlt werden. Der Kaufvertrag für das Haus wird beim Notar geschlossen und dieser kümmert sich um die Abwicklung der Kaufpreiszahlung. Der Kreditgeber wird angeschrieben und aufgefordert den noch ausstehenden Betrag mitzuteilen. In diesem Betrag ist die Vorfälligkeitsentschädigung sodann berücksichtigt.
3. Vorfälligkeitsentschädigung umgehen: Wann fällt keine Vorfälligkeitsentschädigung an?
Nicht immer fällt bei der vorzeitigen Rückzahlung eine Vorfälligkeitsentschädigung an. Hiervon gibt es folgende Außnahmen:
Zum Ablauf der Sollzinsbindungsfrist: Wenn die Sollzinsbindungsfrist abläuft, kannst du den noch ausstehenden Kreditbetrag ohne Vorfälligkeitsentschädigung zurück bezahlen, auch wenn das Darlehen noch eine längere Laufzeit hat.
Wenn die Sollzinsbindungsfrist länger als 10 Jahre beträgt: Auch wenn die Sollzinsbindungsfrist länger als 10 Jahre ist, besteht nach 10 Jahren ein Sonderkündigungsrecht und der Restdarlehensbetrag kann kostenfrei vorzeitig getilgt werden.
Bei einer fehlerhaften Widerrufsbelehrung: Bei Abschluss eines jeden Darlehensvertrages ist eine Widerrufsbelehrung gesetzlich vorgeschrieben. Wurde keine Widerrufsbelehrung unterschrieben oder ist diese fehlerhaft, dann kannst du den noch ausstehenden Kreditbetrag zurückzahlen.
Bei variablen Darlehen fällt keine Vorfälligkeitsentschädigung an: Wenn du bei deinem Darlehen keine Sollzinsbindungsfrist vereinbart hast, sondern eine variable Verzinsung, ist eine Rückzahlung ohne Vorfälligkeitsentschädigung möglich.
4. Warum berechnet die Bank eine Vorfälligkeitsentschädigung?
Aber warum fällt überhaupt eine Vorfälligkeitsentschädigung an? Bei Abschluss eines Kredits reicht der Kreditgeber ja einen Betrag an den Darlehensnehmer aus, den er sonst anderweitig anlegen müsste. Er plant also während der Laufzeit mit den Zinseinnahmen und die Vorfälligkeitsentschädigung dient als Schadensersatz für das Ausbleiben dieser Einnahmen.
5. Vorfälligkeitsentschädigung berechnen: Wie hoch ist die Vorfälligkeitsentschädigung?
Hast du einen Verbraucherkreditvertrag ohne Grundschuldsicherung, wie es zum Beispiel bei Kreditarten wie einem Autokredit oder einem Konsumkredit der Fall ist, kannst du den Restbetrag jederzeit gegen Zahlung einer Vorfälligkeitsentschädigung zurückzahlen. Nachlesen kannst du das in deinem Kreditvertrag bei vorzeitige Rückzahlung.
Bei einer Restlaufzeit von mehr als 12 Monaten, beträgt die Vorfälligkeitsentschädigung genau 1% aus dem Restkreditbetrag. Und bei einer restlichen Laufzeit unter 12 Monaten sind es 0,5% vom noch ausstehenden Restkreditbetrag. In deinem Darlehensvertag kannst du dieses Recht, welches dir laut Verbraucherkreditgesetz zusteht, natürlich auch nachlesen.
Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung
Im Folgenden zeige ich Dir ein Beispiel zur Berechnung der Vorfälligkeitsentschädigung:
- Restkreditbetrag: 7.820,00 €
- restliche Laufzeit: 50 Monate
- Vorfälligkeitsentschädigung: 1 %
- Der Rückzahlungsbetrag beträgt hierbei : 7.820,00 € * 1,01 = 7898,20 €
- die Vorfälligkeitsentschädigung beträgt also: 78,98 €
Die Zinsen werden je nach Wertstellung (Valuta) berechnet.
Im Internet findest du einige Rechner für die Vorfälligkeitsentschädigung. Diese unterstützen dich bei der Berechnung deiner zu erwartenden Vorfälligkeitsentschädigung. Beispiele hierfür sind die Rechnung von Stiftung Warentest oder der Interhyp.
Diese Rechner sind jedoch nur eine Richtlinie und bestimmen nicht die genaue Höhe der Vorfälligkeitsentschädigung deines Kreditgebers. Wie bereits erwähnt, ist diese Berechnung sehr komplex und einige Werte können daher bei diesem Rechner nicht erfasst werden.
Vorfälligkeitsentschädigung durch Sondertilgungsrecht reduzieren?
Bei der Vorfälligkeitsentschädigungsberechnung für einen Hausverkauf wird das Sondertilgungsrecht berücksichtigt. Dabei spielt es keine Rolle, ob dieses bereits genutzt wurde oder nicht.
Handelt es sich aber um einen Verbraucherkreditvertrag ohne Grundschuldsicherung, dann ist es sinnvoll vor Rückzahlung das Sondertilgungsrecht zu nutzen. Dadurch reduziert sich ja der Restkreditbetrag aus dem die Vorfälligkeitsentschädigung berechnet wird.
6. Wie überprüfe ich die Vorfälligkeitsentschädigung?
Zur Überprüfung deiner zu zahlenden Vorfälligkeitsentschädigung dient zunächst einmal der Darlehensvertag. Hier wird beschrieben welche Möglichkeiten es zur vorzeitigen Rückzahlung gibt.
Wenn du deinen Kredit vorzeitig zurückzuzahlen möchtest, nehme Kontakt mit dem Kreditgeber auf und bitte um eine Berechnung. Hierbei kannst du auch klären welche Möglichkeiten bestehen und auf welcher Grundlage die Berechnung basiert. Diese Berechnung und die Erklärung dazu sollte für dich schlüssig und nachvollziehbar sein.
Natürlich gibt es auch die Möglichkeit die Berechnung von Dritten überprüfen zu lassen, z.B. durch Verbraucherzentralen oder eine Anwalt. Hier ist es sinnvoll sich vorher zu überlegen, ob es nötig ist und welche Kosten dadurch entstehen.
7. Fazit zur Vorfälligkeitsentschädigung: So gehst du vor
Im Folgenden haben wir von Finanzwissen.de für dich eine Schritt-für-Schritt Anleitung zur Vorfälligkeitsentschädigung verfasst. Dabei erfährst du in 5 einfachen Schritten, welche Aspekte Du berücksichtigen musst, wenn es zur vorzeitigen Zurückzahlung eines Darlehens kommt.
1. Darlehensvertrag prüfen: um welchen Darlehensvertrag handelt es sich? Verbraucherkreditvertrag vs. Immobilienkreditvertrag |
2. Was steht im Darlehensvertrag zum Thema der vorzeitigen Rückzahlung? |
3. Beim Kreditgeber eine Berechnung anfordern und sich über die vorzeitige Rückzahlung informieren |
4. Recherche im Internet zum Thema Vorfälligkeitsentschädigung und Nutzung eines Vorfälligkeitsentschädigungsrechners |
5. Überlegung: Ist eine vorzeitige Ablösung des Kredits rentabel und notwendig? Zum Beispiel bei Umfinanzierungen |
Generell können wir folgende Aussagen festhalten: Aus den verschiedensten Gründen ist es sinnvoll, einen Kredit vorzeitig zurückzubezahlen.
Wenn du über ausreichend Liquidität verfügst, machst es Sinn, einen Verbraucherkredit vorzeitig zu tilgen. Dadurch kannst du dir die noch während der Laufzeit anfallenden Zinsen sparen. Ein Vorfälligkeitsentgelt von 1% aus dem Restkreditbetrag, oder 0,5% bei einer Laufzeit von weniger als 12 Monaten, ist immer kostengünstiger als den Kredit bis zum Ende der Laufzeit weiter zu bedienen.
Geht es um einen Hausverkauf oder eine Ablösung wegen Umfinanzierung, dann solltest du unbedingt die Kosten gegenüberstellen. Bei dem aktuell steigendem Zinsniveau ist es gegebenenfalls besser, statt einer Umfinanzierung einen weitern Kredit zu beantragen, um die niedrigeren Zinsen bei dem bereits laufenden Darlehen zu behalten.
Ob eine vorzeitige Rückzahlung mit Vorfälligkeitsentschädigung sinnvoll ist, ist immer individuell und lässt sich nicht pauschal bestimmen.
Sinnvoll ist es aber immer, vor einer Entscheidung die Berechnung anzufordern und vorher den Darlehensvertrag zu prüfen, um sich so ausreichend Gedanken machen zu können.