Was ist die Konjunktur? – Konjunkturphasen einfach erklärt
„Die Konjunktur brummt“ oder „Die Konjunktur schwächelt“.
Diese Ausdrücke hast du bestimmt schon einmal in den Medien gehört. Doch was ist die Konjunktur genau?
Wir erklären, was ein Konjunkturzyklus ist und wie du in allen Konjunkturphasen dein Geld sicher anlegst.
1. Was ist die Konjunktur?
Mit dem Begriff „Konjunktur” ist die wirtschaftliche Lage eines Landes gemeint.
Die Konjunktur ist keineswegs statisch, sondern verändert sich abhängig von vielen Faktoren, die sich gegenseitig beeinflussen.
Die 6 wichtigsten Eigenschaften, um eine Konjunkturphase zu definieren:
- die Lage am Arbeitsmarkt – bei hoher Arbeitslosigkeit fahren Privatverbraucher den Konsum zurück, auch steigen die Löhne nur moderat. Vollbeschäftigung ist dagegen ein Zeichen für einen gute Konjukturverlauf.
- das Kaufverhalten der Leute – sparen Verbraucher, beispielsweise weil die Arbeitslosigkeit hoch ist, nehmen die Nachfrage und der Gewinn der Unternehmen ab.
- das Investitionsverhalten der Unternehmen – entwickeln Unternehmen neue Produkte, erhöhen sie ihre Gewinne und schaffen mehr neue Arbeitsplätze. Während einer Rezession, wenn sie sparen müssen, schaffen sie oft sogar Stellen ab oder stellen kaum ein.
- externe Ereignisse – sowohl Privatpersonen als auch Unternehmen reagieren sensibel auf politische Instabilität oder schlechte Nachrichten. Zu Beginn der Corona-Pandemie Anfang 2020 brach beispielsweise die weltweite Nachfrage schnell ein.
- politische Entscheidungen – senkt ein Land beispielsweise die Steuern, wirkt sich das positiv auf die Konjunktur, da sowohl Unternehmen als auch Verbrauchen mehr Geld zum Investieren Verfügung haben. Kürzt der Staat dagegen die Ausgaben und fährt einen Sparkurs, ist das schlecht für die Wirtschaft.
- die Geldmenge im Umlauf – befindet sich viel Liquidität auf dem Markt, sind die Zinsen niedrig. Unternehmen sowie Privatpersonen können leicht Kredite aufnehmen, die Nachfrage steigt und die Wirtschaft boomt. Sinkt die Liquidität, wird Geld teurer und die Konjunktur kühlt sich ab.
Beispiele für die Auswirkungen der Konjunktur auf eine Volkswirtschaft
Die globale Konjunktur stürzte nach der Pleite der US-Bank Lehman Brothers im September 2008 schlagartig ab. Die angeschlagenen Banken vergaben wenige Kredite, daher konnten viele Unternehmen nicht investieren, gerieten in Schwierigkeiten und entließen Mitarbeiter.
Viele Menschen fürchteten wiederum einen weltweiten Bankencrash und versuchten zu sparen. In den Wirtschaftskreislauf floss also weniger Geld ein. Das Ergebnis war eine weltweite Rezession. Bereits 2010 ging es aber für die Weltwirtschaft wieder bergauf. Somit änderte sich der aktuell befindliche Zustand der Konjunktur, ergo der Konjunkturzyklus, mehrfach innerhalb einer kurzen Periode.
Konjunkturschwankungen sind also normal und nichts Beunruhigendes. Schlimm wird es erst, wenn aus einem wirtschaftlichen Abschwung eine jahrelange Depression wird. Das war in den USA und in Europa zwischen 1929 (Börsencrash) und 1939 der Fall. Viele Menschen verarmten in jener Dekade.
Die Not verursachte große Wanderungen sowie tiefe gesellschaftliche Verwerfungen. In Deutschland ebnete sie den Weg für die nationalsozialistische Machtübernahme.
Eine solche Armut hat es aber seitdem in einem industrialisierten Land nicht wieder gegeben. Unter anderem weil die Regierungen gelernt haben, bei Rezessionen und Depressionen früher mit Sozialprogrammen zu reagieren.
2. Welche Konjunkturphasen gibt es?
Die Konjunktur lässt sich in vier Konjunkturphasen gliedern. Das unten stehende Bild zeigt diese vier Phasen der Konjunktur.
Im Nachfolgenden definieren wir die Eigenschaften der vier Konjunkturphasen:
Aufschwung (Expansion/Erholung)
- Die Nachfrage nach Gütern und Dienstleistungen steigt.
- Die Unternehmen benötigen für die vermehrte Produktion mehr Arbeitskräfte, die Arbeitslosigkeit sinkt und die Löhne steigen.
- Gleichzeitig investieren die Unternehmen vermehrt. Die Zinsen steigen, sind aber noch niedrig.
- Auch die Aktienkurse steigen, aber noch moderat.
Boom (Hochkonjunktur)
- Die Nachfrage bleibt stark, die Produktionskapazität nähert sich ihrer Grenze.
- Es herrscht fast Vollbeschäftigung, die Löhne erreichen Rekordhöhen.
- Die Zinsen steigen.
- Die Aktienkurse brechen ebenfalls Rekorde. Das zieht Spekulanten an, die nur noch mit der Erwartung weiter steigender Preise kaufen. Ökonomen sprechen davon, dass der Markt überhitzt ist. Die Zukunftsprognosen trüben sich ein.
Abschwung (Rezession/Kontraktion)
- Die Nachfrage geht zurück, Unternehmen bleiben auf Produkten sitzen. Sie entlassen Mitarbeiter oder schicken sie in Kurzarbeit.
- Die Investitionen gehen zurück, die Zukunftsprognosen sind pessimistisch.
- Die Aktienkurse brechen ein, genauso wie die Zinsen. Viele Investoren versuchen, ihre Aktien zu verkaufen. Die Preise für Waren und Dienstleistungen stagnieren oder fallen.
- Schrumpft das Bruttoinlandsprodukt zwei Quartale hintereinander, sprechen Ökonomen von einer Rezession.
Depression
- In der letzten Phase des Konjunkturzyklus erreicht die Wirtschaft einen Tiefpunkt. Verbraucher konsumieren kaum, die Arbeitslosigkeit ist hoch.
- Die Unternehmen investieren wenig, da die Banken kaum Kredite vergeben und ihnen Liquidität fehlt.
- Die Aktienkurse sind auf einem Tiefstand.
- In der Regel ergreift der Staat Maßnahmen, um die Konjunktur zu stimulieren. Beispielsweise erhöht er die Investition oder die Zentralbank senkt die Zinsen.
- Auch verändert sich möglicherweise die internationale politische Lage, beispielsweise endet ein Krieg. Erholt sich die Wirtschaft wieder, startet ein neuer Konjunkturzyklus mit einem Aufschwung beziehungsweise einer Erholung.
Wie lange dauert ein Konjunkturzyklus?
Die Dauer eines Konjunkturzyklus ist variabel. Als Durchschnittswert kann man 7 Jahre annehmen. Im unteren Bild siehst du die Konjunkturzyklen der Bundesrepublik Deutschland seit 1950.
Der längste Zyklus dauerte demnach 17 Jahre (1950-1967), der Kürzeste dagegen 7 Jahre (1974-1981 und 2001-2008).
Aktuell (Juli 2022) befinden wir uns im siebten Konjunkturzyklus der Nachkriegszeit. Rutschen wir demnächst, wie viele Experten voraussagen, in eine Rezession, wäre dieser siebte Zyklus, der 2008 angefangen hat, zu Ende.
3. Konjunkturindikatoren zeichnen ein Bild der Wirtschaft
Vielleicht hast du schon mal online gelesen, dass ein Wirtschaftsexperte eine Rezession vorausgesagt hat. Jenseits von Fachmeinungen gibt es jedoch objektive Parameter, um festzustellen, in welchem Konjunkturzyklus eine Wirtschaft sich befindet.
Zu den wichtigsten Konjunkturindikatoren zählen:
Bruttoinlandsprodukt
Das BIP drückt den Wert aller Waren und Dienstleistungen aus, die in einem bestimmten Land in einem Jahr produziert werden. Aus diesem Grund ist seine Entwicklung eng an die Konjunkturentwicklung gekoppelt. Sinken Nachfrage und Konsum, nimmt das auch das BIP ab.
Schrumpft das BIP zwei Quartale hintereinander, spricht man von einer technischen Rezession.
Ifo-Geschäftsklimaindex
Dieser Indikator wird seit 1972 monatlich vom Institut für Wirtschaftsforschung erstellt und gilt als zuverlässiger Parameter für die Stimmung in den Unternehmen
Wie du im oben stehenden Bild sehen kannst, korreliert der Geschäftsklimaindex auch sehr gut mit der Wirtschaftslage. So brach er während der Krisen 2009 (Bankenkrise) und 2020 (Corona-Pandemie) ein. Auf dem Höhepunkt des Booms in den Jahren 2017 und 2018 erreichte er dagegen seine Maximalwerte seit 2005.
Arbeitslosenquote
Wie bereits erklärt steigt die Arbeitslosigkeit tendenziell während der Abschwungsphase, erreicht den Höhepunkt bei einer Depression und in Boom-Zeiten ein Minimum.
Das stimmt aber vor allem in Ländern wie den USA, in denen der Staat wenig interveniert. Aktuell jedoch ist der Arbeitsmarkt in den USA stabil, während das Wachstum der Wirtschaft teilweise rückgängig ist.
In Deutschland blieben dagegen die Arbeitslosenzahlen selbst während der Rezession 2009 vergleichsweise niedrig, weil der Staat die Unternehmen stützte und Kurzarbeit finanzierte.
Weitere Konjunkturindikatoren
Darüber hinaus gibt es weitere Indikatoren, die die Konjunkturlage abbilden. Das Statistische Bundesamt nennt folgende:
- Auftragseingangsindex
- Außenhandelsbilanz
- Anzahl der Baugenehmigungen
- Produktionsindex im Baugewerbe
- Bruttoanlageinvestitionen
- Umsatz in ausgewählten Dienstleistungsbereichen
- Einfuhrpreise
- Einzelhandelsumsatz
- Anzahl der Erwerbstätige
- Erzeugerpreise
- Umsatz im Gastgewerbe
- Anzahl der gemeldeten Stellen
- Umsatz im Großhandel
- LKW-Maut-Fahrleistungsindex
- Private Konsumausgaben
- Umsatzindex
- Verbraucherpreisindex
4. Welchen Einfluss hat die Konjunktur auf meine Geldanlage?
Hast du bis hier aufmerksam gelesen, denkst du vielleicht, dass du nur während einer Aufschwungs- oder der Boomphase investieren solltest.
Das ist jedoch falsch, denn auch während einer Rezession oder eine Depression bieten sich klugen Anlegern ausgezeichnete Möglichkeiten.
Wer also langfristig sein Geld anlegen möchte, kann in konjunkturell schwachen Zeiten günstige Einstiegskurse finden.
Welche Anlagen eignen sich in welcher Konjunkturphase?
Auch als Privatinvestor, d.h. Retail Investor, kannst du die Konjunkturphase geschickt nutzen, um dein Vermögen zu vermehren:
Investieren in der Aufschwung-Phase
In der Aufschwungsphase ist die Stimmung in der Wirtschaft optimistisch. Die Löhne steigen genauso wie der Privatkonsum und die Produktion. Das ist eine gute Zeit, um auf Aktien und Fonds von zyklischen Branchen wie Elektronik, Automotive und Technologie zu setzen. Generell sind Aktien und Fonds eine gute Wahl, da sie in Aufschwungzeiten tendenziell stark von der allgemeinen Euphorie am Markt profitieren.
Investieren in der Boom-Phase
In der Boom-Phase ist die Sättigung des Markts bald erreicht. Die Aktienkurse brechen immer neue Rekorde, dabei sind viele überbewertet. Auch die Preise für Rohstoffe und Immobilien sind hoch. Investierst du jetzt in „gehypte“ Aktien, riskierst du, dein Geld zu verlieren.
Das war zum Beispiel in der Dotcom-Blase im Jahr 2000 der Fall, als viele Investoren Aktien von unbekannten Unternehmen kauften, deren Geschäftsmodelle nicht solide genug waren. Das bedeutet nicht, dass du nicht investieren solltest. In dieser Phase zahlt sich aber vor allem eine konservative Anlagestrategie und Geduld aus. Rohstoffe, breit aufgestellte ETFs und Staatsanleihen sollten ein Großteil deines Portfolios ausmachen.
Investieren in der Abschwung-Phase
Während eines Abschwungs lohnen sich Aktien und Fonds von antizyklischen Unternehmen. Das sind beispielsweise Pharmakonzerne, Energieversorger, Banken und Grundversorger wie Lebensmittelkonzerne. Diese Produkte haben sich als Konjunktur-unabhängig erwiesen, da sie unentbehrlich sind.
Investieren in einer Depression
Eine Depression ist eine gute Möglichkeit, um wertvolle Aktien zu niedrigen Preisen zu kaufen. Daher lohnt sich der Blick auf Value-Aktien. Fallen die Kurse, steigst du mit einer vergleichsweisen geringen Investition ein. Auch die Preise für Rohstoffe und Immobilien sind oft niedrig, was das Interesse steigen lässt. Man sagt, dass die Börse der Konjunktur voraus ist, da Anleger die zukünftigen Gewinne der Erholungsphase bereits voraussehen.
Nutze die Konjunkturphasen als Chance
Auch professionelle Investoren sind Menschen, die emotional reagieren. Emotionales Verhalten beobachtet man vor allem in der Nähe des oberen Wendepunkts der Konjunkturkurve:
Je länger der Boom anhält und je stärker die Aktienkurse steigen, desto euphorischer wird die Stimmung unter Anlegern. Dabei spielt es keine Rolle mehr, ob die Kurse reale Werte widerspiegeln oder nur das Ergebnis von Spekulationen sind.
Aus Angst, hohe Gewinne zu verpassen, kaufen manche Anleger Wertpapiere zu einem viel zu hohen Preis. Sie gehen ohnehin davon aus, dass die Kurse weiter steigen werden, auch wenn die Anlagen bereits überbewertet sind. Dieses irrationale Verhalten nennt man auf Englisch FOMO. Das ist die Abkürzung für Fear of Missing Out (Deutsch: Angst, etwas zu verpassen).
Deutet sich ein Abschwung an, geraten viele Investoren in Panik und verkaufen aus Angst vor fallenden Kursen. Damit tragen sie erst recht zu fallenden Kursen bei. Gewisse Spekulanten nutzen diese Situation aus und verbreiten noch mehr Angstnachrichten, in der Hoffnung, gute Anlagen zu einem Ramschpreis kaufen zu können.
Diese Strategie nennt man auf Englisch FUD – Fear Uncertainty Doubt (Deutsch: Angst, Unsicherheit und Zweifel). Wer darauf hereinfällt, trifft falsche Entscheidungen und schadet seinem Vermögen.
Letztendlich solltest du dir darüber im Klaren sein, dass auch während eines Abschwungs und einer Depression die wenigsten Unternehmen Konkurs anmelden.
Bei soliden Unternehmen schrumpft der Umsatz vorübergehend und erholt sich in der nächsten Aufschwungsphase wieder. Vor allem Aktien von Konzernen und breit aufgestellte ETFs, wie der DAX-ETF, werden an Wert verlieren. Auf lange Sicht werden diese Werte jedoch auch wieder zulegen.
Es ist also eine schlechte Idee, sich in Panik von Anlagen zu trennen.
5. Fazit zur Konjunktur
Die Konjunktur ist Maß für die wirtschaftliche Lage eines Landes. Sie verläuft zyklisch und durchläuft vier Phasen: Aufschwung, Boom, Abschwung und Depression.
Während in der ersten Hälfte der Kurve Zinsen, Löhne und Aktienkurse steigen und die Arbeitslosigkeit sinkt, fallen in der zweiten Hälfte Nachfrage, Beschäftigung und Aktienkurse ab.
Konjunkturschwankungen sind völlig normal und stellen keinen Grund zur Panik dar. Als Investor kannst du in jeder Konjunkturphase dein Geld vermehren, solange du klug und bedacht vorgehst.
Die Aufschwungsphase ist eine gute Zeit, um in zyklische Aktien zu investieren. Während der Boom-Phase solltest du vorsichtig sein und auf bewahrte Anlagen setzen. Abschwung und Depression sind dagegen historisch gute Zeitpunkte gewesen, um in Rohstoffe und Immobilien einzusteigen.