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Zinsstrukturkurve – Definition und Aussagekraft der Kurve

Lesezeit 13 min.

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Wünschst du dir auch manchmal eine Glaskugel für deine Finanzen, in die du schaust und die Entwicklung der Kapitalmärkte und der Wirtschaft voraussiehst? Sicherlich besitzt du diese Glaskugel nicht, aber immerhin existieren Instrumente, um Prognosen für die Zukunft zu erstellen. Ein solches Instrument stellt die Zinsstrukturkurve dar.

Sie sagt nicht nur etwas über die zukünftige Zinsentwicklung aus, sondern gibt auch Hinweise auf eine mögliche Rezession. Allerdings ist die Zinsstrukturkurve eben keine Glaskugel und du solltest ihre Voraussagen mit Vorsicht betrachten. Daher möchten wir dir die Zinsstrukturkurve in diesem Artikel genauer vorstellen.

1. Zinsstrukturkurve – das Wichtigste in Kürze

Bevor wir die genaue Definition der Zinsstrukturkurve betrachten, wollen wir dir die wichtigsten Fakten zu ihr kurz und kompakt zusammenfassen.

Die Zinsstrukturkurve – das solltest du wissen:
  • Die Zinsstrukturkurve weist die Rendite einer Anlage in Abhängigkeit von ihrer Laufzeit aus
  • Es gibt drei Arten von Zinsstrukturkurven: die normale, die flache und die inverse
  • Bei einer normalen Zinsstrukturkurve steigt die Rendite bei längerfristigen Anlagen
  • Bei einer inversen Zinsstrukturkurve fällt die Rendite bei längerfristigen Anlagen
  • Die inverse Zinsstrukturkurve deutet auf Zinssenkungen und eine Rezession in der Zukunft hin

Folgende Abbildung stellt die Zinsstrukturkurve für Deutschland und die USA dar. Hieran erkennst du die Rendite von deutschen und US-amerikanischen Staatsanleihen in Abhängigkeit ihrer Restlaufzeit (RLZ). Wie du in folgender Grafik siehst, fällt in beiden Ländern die Zinsstrukturkurve. Was das bedeutet, möchten wir dir in diesem Artikel genauer zeigen.

Die Zinsstrukturkurve in Deutschland und in den USA (Stand: 03.10.2023)
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2. Zinsstrukturkurve Definition – Was ist die Zinsstrukturkurve?

Die Zinsstrukturkurve zeigt die jährliche Rendite von Anlagen in Abhängigkeit ihrer Laufzeit. Demzufolge kannst du durch sie erkennen, ob langfristige Anlagen mehr Rendite pro Jahr als kurzfristige erwirtschaften. Falls dies der Fall sein sollte, steigt die Zinsstrukturkurve.

Für die Zinsstrukturkurve gibt es verschiedene Namen. So wird sie häufig auch Zinskurve genannt. Im Englischen ist sie unter dem Begriff „yield curve“ bekannt.

Wessen Rendite stellt die Zinsstrukturkurve dar?

Es stellt sich die Frage, welche Anlagen genau für die Ermittlung der Zinsstrukturkurve verwendet werden. Generell eignen sich hierfür Anleihen oder Festgeld. Diese Anlagemöglichkeiten existieren mit verschiedenen Laufzeiten und für die Erstellung einer Zinsstrukturkurve kannst du ihre jährliche Rendite in Abhängigkeit von der Laufzeit betrachten.

Meistens werden für die Darstellung der Zinsstrukturkurve sichere Staatsanleihen genutzt. Sie sind frei am Markt handelbar und dadurch kann ihre Rendite schnell auf ein neues Marktumfeld reagieren. Außerdem besitzen sichere Staatsanleihen nur einen geringen Risikozuschlag.

Bei unsicheren Junkbonds hingegen könnte der Risikozuschlag sehr hoch sein. Dann wäre er der dominierende Faktor bei der Zinsstrukturkurve. Sie könnte in diesem Fall steigen, nur weil die Anleger nicht wissen, ob das emittierende Unternehmen in fünf Jahren überhaupt noch existiert. Dadurch verlangen sie nämlich für fünfjährige Anleihen eine deutlich höhere jährliche Rendite als für einjährige.

Bei sicheren Staatsanleihen hingegen hängt die Zinsstrukturkurve weniger von einem speziellen Risikozuschlag des Emittenten ab, weil dieser nur sehr gering ist. Stattdessen bestimmt das Marktumfeld in Form von Zins- und Konjunkturerwartungen den Verlauf der Kurve. Demzufolge lässt sich die Zinsstrukturkurve sicherer Staatsanleihen für Prognosen nutzen.

Die Zinsstrukturkurve stellt jährliche Renditen dar

Die Zinsstrukturkurve zeigt die Rendite für verschiedene Laufzeiten einer Anlage. Allerdings weist sie dabei für jede Laufzeit eine jährliche Rendite aus. Wenn folglich eine fünfjährige Anleihe in der Zinsstrukturkurve den Wert von fünf Prozent hat, dann zeigt das nicht die Gesamtrendite, welche die Anleihe während ihrer gesamten Laufzeit erwirtschaftet. Stattdessen stellt die Zinsstrukturkurve die Rendite dar, welche die Anleihe dir in einem Jahr liefert. Über die gesamte Laufzeit gesehen erhältst du diese Rendite dann fünfmal.

Der Vollständigkeit halber sei hier jedoch erwähnt, dass es auch Zinskurven mit einer anderen als der jährlichen Rendite gibt. Wichtig ist nur, dass sich die in der Zinsstrukturkurve ausgewiesenen Renditen alle auf dieselbe Periode beziehen. Zum Beispiel könnte die Zinsstrukturkurve auch für jede Laufzeit die halbjährliche Rendite angeben. So wäre weiterhin eine Vergleichbarkeit der Renditen verschiedener Laufzeiten gewährleistet.

Wie erstellst du eine Zinsstrukturkurve?

Im vorherigen Kapitel haben wir dir bereits die Zinsstrukturkurve für Deutschland und die USA gezeigt. An dieser Stelle möchten wir genauer auf das Diagramm eingehen, in welchem die Darstellung einer Zinsstrukturkurve erfolgt. Wie unten dargestellt, befindet sich auf der x-Achse immer die Laufzeit einer Anlage.

Bei Anleihen ist der Begriff Laufzeit jedoch etwas ungenau. Eigentlich solltest du hier zwischen der Gesamtlaufzeit und der Restlaufzeit unterscheiden. Falls etwa eine Anleihe mit einer Gesamtlaufzeit von fünf Jahren emittiert wird, dann hat sie nach zwei Jahren eine Restlaufzeit von drei Jahren. Die Restlaufzeit ist für die Zinsstrukturkurve relevant.

Nun ermittelst du die Rendite der Anleihen mit verschiedenen Restlaufzeiten. Diesen Wert zeigt die y-Achse der Zinsstrukturkurve. Beispielhaft haben wir dir in der Abbildung den Punkt A markiert. Er zeigt, dass Anleihen mit einer Restlaufzeit von einem Jahr eine Rendite von 3,6 Prozent bieten. Die Lage von Punkt B hingegen verdeutlicht, dass eine Anleihe mit drei Jahren Restlaufzeit eine jährliche Rendite von 6 Prozent aufweist.

Die Darstellung zeigt ein Diagramm, welches zwei Punkte enthält. An der x-Achse steht "Restlaufzeit der Anleihe in Jahren". An der y-Achse steht "Jährliche Rendite der Anleihe". In dem Diagramm ist Punkt A und Punkt B eingetragen. Punkt A hat einen x-Wert von 1 und einen y-Wert von 3,6. Neben dem Punkt steht: „eine einjährige Anleihe weist eine Rendite von 3,6 Prozent auf“. Punkt B hat einen x-Wert von 3 und einen y-Wert von 6. Neben Punkt B steht: „eine dreijährige Anleihe weist eine jährliche Rendite von 6 Prozent auf.“
Diagramm einer Zinsstrukturkurve mit zwei Beispielpunkten

Wenn du mehrere Punkte in das Diagramm einträgst und sie verbindest, erhältst du die Zinsstrukturkurve. Für jede mögliche Restlaufzeit findest du dort die jährliche Rendite. Eine Zinsstrukturkurve lässt sich für deutsche Staatsanleihen erstellen sowie für viele weitere Anleihen. Durch die Verwendung der Renditen von US-amerikanischen Staatsanleihen etwa erhältst du die Zinsstrukturkurve der USA.

Die Zinsstrukturkurve weist Renditen aus, keine Kuponzahlungen

Die Definition von Anleihen unterscheidet zwischen Kuponzahlungen und Renditen. Kuponzahlungen stellen eine Verzinsung dar, die du in regelmäßigen Abständen bekommst. Zusätzlich kannst du noch einen Gewinn durch die Anleihe erwirtschaften, indem dir bei Fälligkeit ein höherer Betrag als deine Anfangsinvestition zurückgezahlt wird. Diese Rückzahlung wird bei der Berechnung der Rendite neben den Kuponzahlungen einbezogen.

Daher zeigt die Zinsstrukturkurve die Renditen von Anleihen. Sie gibt an, wie viel Gewinn du relativ zu deinem investierten Kapital durch die Anleihe erwirtschaftest. Die Kuponzahlungen bilden nur einen Teil deiner Rendite.

3. Welche Faktoren beeinflussen die Zinsen und die Zinsstrukturkurve?

Es gibt mehrere Faktoren, die über den Verlauf der Zinsstrukturkurve entscheiden. Einer davon ist das Risiko, welches ein Kreditgeber aufnimmt. Wenn du Anleihen kaufst, dann könnte es schließlich sein, dass du dein Geld nicht mehr zurückerhältst.

Das Kreditrisiko sorgt meist für steigende Zinsstrukturkurven

Das beschriebene Kreditrisiko ist bei längerfristigen Anlagen höher. Falls eine Anleihe nämlich nur eine Restlaufzeit von einem Jahr hat, kannst du Entwicklungen in diesem Zeitraum noch gut einschätzen. Doch du weißt wohl kaum, was in den nächsten 30 Jahren geschieht. Daher fordern Anleger für 30-jährige Anleihen eine höhere jährliche Verzinsung.

Ebendarum gilt es als „normal“, wenn die Zinsstrukturkurve ansteigt. Langfristige Anleihen sind mit einem höheren Kreditrisiko verbunden und weisen demzufolge eine höhere jährliche Rendite auf. Allerdings gibt es neben der normalen Zinsstrukturkurve auch die flache und die inverse. Das liegt daran, dass weitere Faktoren existieren, die neben dem Kreditrisiko die Zinsstrukturkurve beeinflussen. Im Folgenden möchten wir dir den wichtigsten dieser Faktoren genauer vorstellen: die Zinserwartungen.

Hierfür verwenden wir ein Beispiel. Wir nehmen an, dass die Zinsstrukturkurve nur leicht ansteigt. Einjährige Anleihen weisen eine jährliche Rendite von fünf Prozent auf. Zehnjährige Anleihen haben aufgrund des höheren Kreditrisikos eine jährliche Rendite von sechs Prozent.

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Beispiel 1: Erwartung höherer Zinsen lässt Zinsstrukturkurve steigen

In Beispiel 1 erwartest du wie die anderen Anleger, dass die Zinsen bald stark ansteigen werden. Nun willst du für zehn Jahre Geld investieren. Aufgrund deiner Erwartungen ist es sinnvoll, den Betrag vorerst für ein Jahr anzulegen. So kannst du nach diesem Jahr die gestiegenen Zinsen nutzen und das Geld dann zu besseren Konditionen erneut anlegen.

Weil alle Anleger so denken wie du, werden vor allem kurzfristige Anleihen nachgefragt. Die Nachfrage übertrifft dadurch das Angebot. Damit Angebot und Nachfrage wieder im Gleichgewicht sind, muss die Rendite für kurzfristige Anleihen zurückgehen und liegt dann deutlich unter fünf Prozent.

Bei langfristigen Anleihen liegt in Beispiel 1 jedoch das Angebot über der Nachfrage. Kaum ein Anleger möchte aufgrund der Erwartung steigender Zinsen sein Geld langfristig anlegen. Daher muss die Rendite für langfristige Anleihen ansteigen, damit die Nachfrage wieder auf das Niveau des Angebotes kommt.

Insgesamt liegt in Beispiel 1 folglich die Rendite langfristiger Anleihen deutlich über der Rendite kurzfristiger Anleihen. In diesem Fall steigt die Zinsstrukturkurve stark an. Der Anstieg ist hier nicht nur auf das höhere Kreditrisiko bei langfristigen Anleihen zurückzuführen.

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Beispiel 2: Erwartung niedriger Zinsen lässt Zinsstrukturkurve fallen

In Beispiel 2 gehen wir wieder von der beschriebenen Ausgangssituation aus: Einjährige Anleihen weisen eine Rendite von fünf Prozent auf und zehnjährige Anleihen bieten sechs Prozent Rendite. Nun erwartest du wie viele Anleger jedoch starke Zinssenkungen in der Zukunft. Dies berücksichtigst du bei deiner Anlageentscheidung.

Wenn du für zehn Jahre investieren möchtest, dann kannst du dir mit einer zehnjährigen Anleihe das aktuell hohe Zinsniveau für lange Zeit sichern. Daher fragst du wie viele weitere Anleger zehnjährige Anleihen nach. Mit ihnen bist du nämlich von den erwarteten Zinssenkungen in den nächsten Jahren nicht betroffen. Dadurch steigt die Nachfrage nach langfristigen Anleihen über deren Angebot.

Um wieder ein Gleichgewicht zwischen Angebot und Nachfrage herzustellen, muss schließlich die Rendite von langfristigen Anleihen fallen. Dann sind sie nicht mehr so lukrativ und die zu hohe Nachfrage geht zurück. Außerdem müssen kurzfristige Anleihen eine höhere Rendite anbieten, damit Anleger sie trotz der erwarteten Zinssenkungen noch nachfragen.

Insgesamt ergibt sich durch die Erwartungen der Anleger eine niedrige Rendite für langfristige Anleihen. Kurzfristige Anleihen können in einer solchen Situation hingegen mehr Rendite bieten. Daher führen Erwartungen von sinkenden Zinsen häufig zu einer fallenden Zinsstrukturkurve.

Die Zinsstrukturkurve und die Inflation

Auch die Inflation wirkt auf die Zinsstrukturkurve. Eine erwartete Inflation führt dazu, dass die Anleger für den Wertverlust ihres Geldes entschädigt werden wollen. Daher fordern sie mehr jährliche Rendite für längerfristige Anleihen, wenn sie mit höherer Inflation in der Zukunft rechnen. Folglich können hohe Inflationserwartungen zu einer steigenden Zinskurve führen.

4. Welche Zinsstrukturkurven gibt es?

Wie die Beispiele im vorherigen Kapitel gezeigt haben, kann die Zinsstrukturkurve sowohl steigen als auch fallen. Diese beiden Arten der Zinskurve möchten wir dir im Folgenden genauer darstellen. Außerdem wollen wir den Sonderfall einer flachen Zinsstrukturkurve erörtern.

Die Zinsstrukturkurve gilt als normal, wenn sie ansteigt

Die normale Zinsstrukturkurve kennzeichnen langfristige Anleihen mit einer höheren jährlichen Rendite als kurzfristige. Meist tritt dieser Fall bei der Erwartung steigender Zinsen auf. Allerdings ist die normale Zinsstruktur auch mit Erwartungen leicht fallender Zinsen vereinbar. Dann würde das mit der Laufzeit höhere Kreditrisiko den Anstieg der Zinskurve erklären.

Folgende Abbildung zeigt eine steigende Zinsstrukturkurve. In der Geschichte kam sie vielfach vor und gilt daher als Normalfall. Allerdings gab es auch Perioden, in denen sie nicht auftrat. In diesen Fällen war die Zinsstrukturkurve flach oder invers.

Die Abbildung enthält ein Diagramm. Auf der x-Achse steht "Restlaufzeit der Anleihe in Jahren". Auf der y-Achse steht "Jährliche Rendite der Anleihe". In dem Diagramm befindet sich eine steigende Linie.
Normale Zinsstrukturkurve

Die flache Zinsstrukturkurve kennzeichnet häufig einen Übergang

Bei einer flachen Zinsstrukturkurve bieten langfristige und kurzfristige Anleihen ähnliche Renditen. Oft erwarten die Anleger in einem solchen Fall sinkende Zinsen. Diese Erwartung lässt die Rendite langfristiger Anleihen fallen, sodass sie trotz des höheren Kreditrisikos keine zusätzliche Rendite bieten.

Allerdings kann eine flache Zinsstrukturkurve ebenso die Sicherheit einer Anleihe zeigen. Ein Zahlungsausfall ist dann auch in 30 oder mehr Jahren sehr unwahrscheinlich. Demzufolge müssen längerfristige Anleihen keine höhere Rendite als Ausgleich für ein größeres Kreditrisiko bieten.

Die flache Zinsstrukturkurve kommt häufig auch als Übergangssituation vor. Falls etwa aus einer steigenden Zinskurve eine fallende wird, ist sie beim Umkehrprozess kurzfristig flach. Dasselbe gilt, wenn eine fallende Zinsstrukturkurve anfängt zu steigen. Hier ist sie ebenso eine kurze Zeit lang flach, wie es folgende Abbildung darstellt.

Die Abbildung enthält ein Diagramm. In diesem Diagramm steht auf der x-Achse "Restlaufzeit der Anleihe in Jahren". Auf der y-Achse steht "jährliche Rendite der Anleihe". In dem Diagramm befindet sich eine horizontale Linie.
Flache Zinsstrukturkurve

Die inverse Zinsstrukturkurve deutet auf erwartete Zinssenkungen hin

Wenn die Anleger sinkende Zinssätze erwarten, kann die Zinsstruktur invers sein. Kurzfristige Anleihen versprechen dann mehr Rendite als langfristige. Demzufolge fällt die Zinsstrukturkurve, wie in Beispiel 2 erläutert.

Folgende Abbildung stellt eine inverse Zinsstrukturkurve dar. Neben den Zinserwartungen lässt sich jedoch noch mehr durch eine fallende Zinsstrukturkurve ermitteln. Zum Beispiel deutet sie auf eine Rezession hin.

Die Abbildung zeigt ein Diagramm. An der x-Achse steht "Restlaufzeit der Anleihe in Jahren", an der y-Achse steht "Jährliche Rendite der Anleihe".
Inverse Zinsstrukturkurve

Die inverse Zinsstrukturkurve und die Rezession

Aktuell ist die Zinsstrukturkurve für viele Anleihen invers. In der Geschichte folgte auf eine inverse Zinsstrukturkurve fast immer eine Rezession. Dies zeigt folgende Abbildung.

Hier ist für jedes Jahr die Differenz der Rendite von zehnjährigen US-Staatsanleihen und von zweijährigen US-Staatsanleihen dargestellt. Wenn die Zinskurve invers ist, dann nimmt diese Differenz einen negativen Wert an. Außerdem sind in der Abbildung die Perioden dunkel hinterlegt, in welchen es in den USA zu einer Rezession kam.

In dem Bild ist die Renditedifferenz von zehnjährigen und zweijährigen  US-Staatsanleihen dargestellt. Außerdem sind die Phasen einer Rezession markiert. Alle sechs Rezessionen wurden durch negative oder geringe Renditedifferenzen angekündigt.
Die Renditedifferenzen von langfristigen und kurzfristigen US-Staatsanleihen im Zeitverlauf
Quelle: FRED

Du erkennst, dass auf eine inverse Zinsstrukturkurve nahezu immer eine Rezession folgte. Doch wie ist dieser Zusammenhang zu erklären? Hierfür gibt es verschiedene Ansätze. Den geläufigsten möchten wir dir im Folgenden erläutern.

Bei fallendem Leitzins kommt es häufig zur Rezession

Wie in Beispiel 2 des vorherigen Kapitels dargestellt, bedeutet eine inverse Zinsstrukturkurve, dass viele Anleger mit sinkenden Zinsen rechnen. Doch wieso sollten die Zinsen sinken? Eine Möglichkeit wäre, dass die Zentralbank den Leitzins senkt.

Bei einem geringeren Leitzins können Geschäftsbanken ihr Geld nur noch zu niedrigeren Zinssätzen bei der Zentralbank anlegen. Daraufhin gewähren sie auch ihren Kunden weniger Zinsen für ein Festgeld- oder ein Tagesgeldkonto. Dann können ebenso die Verkäufer von Anleihen niedrigere Renditen anbieten. Die Anleger haben nämlich nicht mehr die Möglichkeit, anstatt in Anleihen in ein lukratives Tagesgeld- oder Festgeldkonto zu investieren.

Folglich gehen die Renditen von Anleihen bei einem geringeren Leitzins zurück. Daher sprechen hier viele generell von „sinkenden Zinsen“, weil in der Regel neben Leitzins auch alle anderen Zinssätze nach unten gehen. Durch die Erwartung sinkender Zinsen kann wie bereits erklärt die Zinsstrukturkurve invers werden. Doch wieso erwarten Anleger sinkende Zinsen und glauben, dass die Zentralbank die Leitzinsen senken wird?

Eine solche Geldpolitik betreibt sie in der Regel in Rezessionen. Dadurch verhindert sie nämlich, dass viele Privatpersonen ihr Geld anlegen. Aufgrund der niedrigen Zinsen ist eine Geldanlage nicht mehr lukrativ und die Haushalte geben es lieber aus. Dieser zusätzliche Konsum ist positiv für die gesamte Wirtschaft und führt sie aus der Rezession heraus.

Somit steht hinter einer inversen Zinsstrukturkurve häufig eine erwartete Rezession. Die Rezessionserwartung führt dann zu der Annahme, dass die Zentralbank gegensteuern wird. Sie wird wohl als Mittel gegen die Rezession die Zinsen senken und die Erwartung fallender Zinsen lässt die Zinsstrukturkurve invers werden.

Umgekehrt bedeutet eine normale Zinsstrukturkurve, dass Anleger keine größere Rezession erwarten. In der folgenden Tabelle ist die Bedeutung der inversen und der normalen Zinskurve zusammengefasst. Die flache Zinsstrukturkurve haben wir dabei nicht berücksichtigt, da sie häufig einen Übergang und keine dauerhafte Situation abbildet.

ZinsstrukturkurveRenditen der AnleihenHäufigkeitErwartungen über ZinsenErwartungen über die Konjunktur
NormalLangfristige Anleihen bieten mehr Rendite als kurzfristigeKommt häufig vorAnleger erwarten keine umfangreichen ZinssenkungenAnleger erwarten meist keine starke Rezession
InversKurzfristige Anleihen bieten mehr Rendite als langfristigeKommt selten vorAnleger erwarten ZinssenkungenAnleger erwarten meist eine Rezession
Vergleich der normalen und der inversen Zinsstrukturkurve
Alternative Erklärung zu dem Zusammenhang zwischen inverser Zinsstrukturkurve und Rezession

Es existiert noch eine weitere geläufige Erklärung für den Zusammenhang von inverser Zinsstrukturkurve und Rezession. Zu diesem Zweck betrachten wir das Geschäftsmodell von Banken genauer. Sie vergeben viele langfristige Kredite. Hierfür können sie den Zinssatz verlangen, welchen die Zinsstrukturkurve für langfristige Anleihen anzeigt. Bei einem deutlich höheren Kreditzins würden die meisten Unternehmen nämlich Anleihen emittieren, anstatt sich das Geld von der Bank zu leihen.

Gleichzeitig ermöglichen die Banken kurzfristige Geldanlagen. So kannst du etwa ein Tagesgeldkonto eröffnen. Hierbei gewähren dir Banken ungefähr den Zinssatz, welchen die Zinskurve für kurzfristige Anleihen vorgibt. Bei einer niedrigeren Verzinsung würden die Anleger nämlich kurzfristige Anleihen kaufen, anstatt ein Tagesgeldkonto zu eröffnen.

Dieses Geschäftsmodell funktioniert bei einer normalen Zinsstrukturkurve gut. Die Banken erhalten das hohe Zinsniveau langfristiger Anleihen und zahlen das geringe Zinsniveau kurzfristiger Anleihen. Bei einer inversen Zinskurve ist das Geschäftsmodell jedoch wenig lukrativ.

Daher vergeben Banken bei einer inversen Zinsstrukturkurve weniger Kredite. Die geringere Anzahl an Krediten ist negativ für die Wirtschaft. Die Unternehmen haben weniger Geld für Investitionsprojekte. Die Folge ist eine Rezession.

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5. Die Bedeutung der Zinskurve für Anleger

Die Zinsstrukturkurve zeigt dir die Erwartungen der Anleger. Sowohl in Bezug auf zukünftige Zinssätze als auch in Bezug auf die Konjunkturentwicklung lässt sich durch sie eine Aussage treffen. Der interessante Aspekt ist hierbei, dass die Anleger mit ihren Erwartungen in den meisten Fällen richtig lagen. So kam es etwa tatsächlich häufig zu einer Rezession bei einer inversen Zinsstrukturkurve.

Daher könntest du auf die Idee kommen, die Zinsstrukturkurve für zukünftige Anlageentscheidungen zu nutzen. Das Zinsniveau hat wie die Konjunktur nämlich große Auswirkungen auf den gesamten Kapitalmarkt. Doch wie sähen konkrete Strategien aus, um mit der Zinskurve eine hohe Rendite zu erwirtschaften?

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Die inverse Zinskurve spricht aufgrund einer baldigen Rezession gegen ein Investment in Aktien

Bei einer inversen Zinsstrukturkurve sollte es bald Zinssenkungen geben. Eine Zinssenkung lässt die Kurse nahezu aller Wertpapiere am Kapitalmarkt steigen. Daher scheint eine inverse Zinskurve auf den ersten Blick für Investitionen in Wertpapiere zu sprechen.

Allerdings ist hierbei Vorsicht geboten. Gleichzeitig weist eine inverse Zinsstrukturkurve nämlich auf eine baldige Rezession hin. Diese wirkt sich negativ auf den Kapitalmarkt aus.

Daher scheinen bei einer inversen Zinskurve vor allem Anleihen und Gold sinnvoll zu sein. Sie sind nicht so anfällig für Rezessionen wie Aktien. Falls du trotzdem Aktien kaufen willst, dann solltest du Branchen wählen, die nicht zu sehr von einer Rezession betroffen sind.

Argumente für ein Investment bei inverser Zinsstrukturkurve

  • Die Zinsen könnten bald fallen, dies erhöht die Kurse vieler Wertpapiere
  • Auch wenn es zu einer Rezession kommen sollte, kannst du bewusst in Branchen investieren, die davon nicht zu stark betroffen wären

Argumente gegen ein Investment bei inverser Zinsstrukturkurve

  • Eine nahende Rezession ist nicht unwahrscheinlich
  • Vor allem Aktienkurse fallen in der Rezession

Die normale Zinskurve könnte gegen ein Investment in Anleihen sprechen

Anders verhält es sich bei einer normalen Zinskurve. Besonders wenn sie stark ansteigt, dann sollte es bald zu Zinserhöhungen kommen. Dies lässt die Kurse vieler Wertpapiere fallen. Daher könnte eine solche Zinskurve generell gegen ein Investment sprechen.

Allerdings lässt eine normale Zinsstrukturkurve gleichzeitig eine nahende Rezession unwahrscheinlicher werden. Demzufolge könnten in solchen Zeiten Aktien eine sinnvolle Anlage sein. In stabilen Wirtschaftsphasen bieten sie nämlich deutlich mehr Rendite als andere Anlageklassen wie Anleihen.

Argumente für ein Investment bei normaler Zinsstrukturkurve

  • Eine baldige Rezession scheint unwahrscheinlich zu sein und dies spricht für eine gute Konjunkturentwicklung
  • Vor allem mit Aktien könntest du die positiv vorausgesagte Konjunkturentwicklung nutzen

Argumente gegen ein Investment bei normaler Zinsstrukturkurve

  • Die Zinsen könnten bald ansteigen
  • Steigende Zinsen würden die Kurse vieler Wertpapiere fallen lassen

Wichtig: Die Zinsstrukturkurve hat nicht immer recht!

Allerdings solltest du deine Anlageentscheidung nicht nur von der Zinsstrukturkurve abhängig machen. Schließlich beeinflussen diverse andere Faktoren den Kapitalmarkt. Außerdem spiegelt die Zinsstrukturkurve bloß die Erwartungen der Marktteilnehmer wider.

Daher ist es nicht gesichert, dass die Zinsen bei einer inversen Zinsstrukturkurve tatsächlich fallen werden. Auch wenn die Zinsstrukturkurve aktuell invers ist, könnte es dennoch weiterhin Zinserhöhungen geben. Ebenso steht keinesfalls fest, dass eine inverse Zinsstrukturkurve wirklich zu einer Rezession führt. Dieser Zusammenhang kam jedoch in der Geschichte häufig vor.

6. Fazit: Die Zinsstrukturkurve hilft dir dabei, Erwartungen über die Zukunft zu bilden, aber kann keine sicheren Vorhersagen treffen

Die Zinsstrukturkurve zeigt die jährlichen Renditen einer Anlage in Abhängigkeit von ihrer Laufzeit. Meist werden sichere Staatsanleihen verwendet, um sie darzustellen. Es gibt drei Arten der Zinsstrukturkurve: die normale, die flache und die inverse.

Nutzen lässt sich die Zinsstrukturkurve bei Prognosen. Sowohl für zukünftige Entwicklungen des Leitzinses als auch für Konjunkturentwicklungen kann sie Hinweise liefern. Besonders interessant scheint die inverse Zinskurve zu sein. Sie deutet auf eine Rezession und baldige Zinssenkungen hin.

Daher nutzen einige Anleger die Zinsstrukturkurve für ihre Investmententscheidungen. Bei einer inversen Zinsstrukturkurve scheinen etwa Aktien nicht besonders lukrativ zu sein, da sie stark von einer Rezession betroffen wären. Anleihen hingegen haben den Vorteil, dass ihre Kurse bei einer Rezession häufig nicht ganz so stark fallen. Außerdem können sie durch die erwarteten Zinserhöhungen an Wert gewinnen.

Allerdings kann die Zinsstrukturkurve allein keine absolut verlässlichen Prognosen treffen. Deshalb sollten deine Anlageentscheidungen nicht nur von ihr abhängen. Besser ist es, wenn du generell das aktuelle Wirtschaftsgeschehen verfolgst. Dann hast du deutlich mehr Informationen als nur die Zinsstrukturkurve und kannst dadurch bessere Entscheidungen bezüglich deiner Investitionen treffen.

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7. Häufig gestellte Fragen zur Zinsstrukturkurve

Christopher Wenzel
Christopher Wenzel
Autor
Über den Autor
Hallo, ich bin Christopher und befasse mich vor allem mit volkswirtschaftlichen Themen. Schon während meines Studiums der Wirtschaftswissenschaften war dies mein Schwerpunkt. Außerdem stelle ich gerne komplizierte Inhalte auf einfache Art und Weise dar, sodass jeder sie leicht verstehen kann.

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