Bitcoin-Stock-to-Flow-Modell » Prognosen und Kritik
Das Stock-to-Flow-Modell – häufig auch als S/F-Modell oder S2F-Modell abgekürzt – ist eine bekannte Metrik in der Finanzwelt. Das Modell kam in der Vergangenheit primär bei der Bewertung von Rohstoffen wie Gold oder Edelmetallen zum Einsatz, um deren Knappheit zu bestimmen.
2019 wurde das Modell vom Krypto-Investor PlanB herangezogen, um Bitcoin (BTC) zu bewerten – hier konnte sich das Modell behaupten.
Im Folgenden stellen wir dir das Stock-to-Flow-Modell vor und zeigen dir, wieso sich das Modell bei der Prognose des Bitcoin-Kurses unter Anlegern etablieren konnte.
1. Das Stock-to-Flow-Modell für Anfänger erklärt
Das Stock-to-Flow-Modell, auch als S2F bezeichnet, ist ein Indikator zur Bemessung der Knappheit eines Gutes.
Das Modell setzt den Bestand (Stock) ins Verhältnis zu Flussgrößen (Flow). Der damit berechnete Wert gibt an, wie viele Jahre es dauern würde, den aktuellen Bestand zu produzieren.
In der Vergangenheit fungierte Stock-to-Flow als Kalkulationsgrundlage, um den Wert limitierter Vermögenswerte wie Gold, Silber, Kupfer oder anderen begrenzten Assets zu ermitteln.
Bei Gold würde es damit bei der aktuellen Produktionsrate 62 Jahre dauern, um den aktuellen Bestand zu schürfen. Bei Silber 22 Jahre und bei Platin nur 0,4 Jahre.
Variablen im Stock to Flow Modell
Das Modell besteht immer aus zwei Größen:
- Der „Stock“ ist immer die verfügbare Menge des zu betrachtenden Assets. Also die Menge, die durch Zählungen oder anderen Datenerhebungen messbar ist.
- Der „Flow“ ist die Menge des Guts, die jährlich zu der verfügbaren Menge hinzukommt. Das lässt sich vorrangig bei Rohstoffen ziemlich präzise bemessen, da die Verfahren und Erträge bekannt und genau zu definieren sind.
Während sich die Darstellung online und in der Literatur immer wieder unterscheidet, sind die grundlegenden Werte immer identisch. In der Regel wird das Modell als Graph dargestellt. Dieser zeigt das Verhältnis von „Stock“ zu „Flow“ als fortlaufende Linie an.
Beim Bitcoin Stock-to-Flow Modell wird zusätzlich der Kursverlauf des Bitcoin überlagert. Durch das Color-Coding des Kurscharts wird eine dritte Dimension eingeführt, die den Abstand zum nächsten Halving markiert.
- Die farbigen Punkte auf dem Kurschart stellen die Anzahl an Tagen bis zum nächsten Bitcoin Halving dar.
In der Vergangenheit war teilweise ein Zusammenhang zwischen dem Stock-to-Flow-Modell und dem Bitcoin-Preis zu erkennen. Es gab aber auch immer wieder Phasen, in denen die Werte nicht korrelierten.
Ein zuverlässiges Muster zur Bestimmung der zukünftigen Entwicklung ist das Modell daher nicht.
Der Zufluss kann darüber hinaus schwanken, etwa durch eine sich verändernde Mining-Difficulty oder einem Halving. Das Modell berechnet diese Ereignisse mit ein, wodurch langfristige Prognosen möglich werden – dennoch kann es zu vorübergehenden Abweichungen kommen.
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2. So wird das Stock-to-Flow-Modell berechnet
Zunächst einmal ist wichtig zu wissen, dass das gesamte Angebot an Bitcoins vom Gründer Satoshi Nakamoto auf 21 Millionen BTC begrenzt wurde. Diese Größe kann sich auch in Zukunft nicht verändern und BTC ist somit ein begrenztes Gut.
Durch jedes Halving kommt es zu einer Halbierung des Mining Rewards, sodas beim Bitcoin-Mining nur noch die Hälfte der Belohnung ausgeschüttet wird.
Derzeit beläuft sich diese auf 3,125 BTC pro geschürften Block. Das nächste Halving findet aller Voraussicht nach 2028 statt. Das Mining ist übrigens die Ursache für den enormen Stromverbrauch des Bitcoins.
Mit diesem Hintergrundwissen werfen wir nun einen Blick auf die Formel, über den der Stock-to-Flow Wert berechnet wird:
Durch das Auflösen der Formel erhalten wir die Jahre, die es beim aktuellen Flow dauern würde, um den gesamten Bestand zu schürfen. Je geringer der Flow hier ausfällt, desto größer wird der Zeitraum. Der Flow wird bei Bitcoin durch das Halving circa alle vier Jahre geringer, was die stufenartigen Anstiege im Stock-to-Flow Chart erklärt.
Berechnung des aktuellen Stock-to-Flow Bitcoin Werts
Im Oktober 2024 sind etwa 19,76 Millionen der 21 Millionen Bitcoin geschürft worden. Bei einer Blockbelohnung von 3,125 BTC und 10 Minuten pro neuem Block kommen jedes Jahr 164.250 neue BTC hinzu.
Damit würde es bei der aktuellen Geschwindigkeit 120 Jahre dauern, den derzeitigen Bestand an Bitcoins zu schürfen.
Der Stock-to-Flow Chart setzt sich letztlich aus vielen Einzelwerten zusammen, die alle nach obiger Formel berechnet werden.
3. Den Preis des Bitcoins mit dem Stock-to-Flow-Modell berechnen
Du solltest beachten, dass das Stock-to-Flow-Modell nicht dafür geeignet ist, den zukünftigen Preis des Bitcoins zu einem fixen Zeitpunkt zu berechnen. Anhand des Stock-to-Flow Charts kannst du aber eine Beziehung zwischen dem Modell und dem aktuellen Bitcoin-Preis herstellen.
Diese Beziehung wird über eine Regression der historischen Bitcoin Daten hergestellt. Eine lineare Regression versucht, den Zusammenhang zwischen einer abhängigen und einer unabhängigen Variable zu bestimmen.
Je höher der Wert der Regression ist, desto größer die Korrelation. Eine Korrelation bedeutet aber nicht zwangsläufig eine Kausalität. So können mit einer Regression viele Korrelationen hergestellt werden, die rein faktisch allerdings keinen Sinn ergeben.
Der Erfinder des Stock-to-Flow-Modells hat dafür das S2F-Verhältnis und den Preis des Bitcoins in eine logarithmische Scala transferiert. Die genauen Berechnungen findest du in PlanB’s zugehörigem Artikel.
Seine Berechnung ergab, dass der Preis und der Stock-to-Flow-Wert zu 95 % korrelieren. Darauf basierend stellte er die Behauptung auf, dass die Knappheit des BTC der wichtigste Faktor bei der Preisbildung sei.
Seine Analyse sorgte für regen Diskussionsstoff in der Kryptoszene, da das Modell – historisch betrachtet – den Kursverlauf der nach Marktkapitalisierung größten Kryptowährung relativ genau vorhersagen konnte.
4. Wie gut eignet sich das Stock-to-Flow-Modell für die Prognose des Bitcoin-Preises?
Modelle und Theorien für langfristige Preisprognosen sind das eine, viel wichtiger ist natürlich die Frage, wie genau diese den tatsächlichen Preis vorhersagen können. Um die Aussagekraft des S2F-Modells auf den Bitcoin-Preis zu überprüfen, bietet sich ein Blick in die Vergangenheit an.
Historisch betrachtet existiert eine Korrelation zwischen den Preisbewegungen des Bitcoins und dem S2F-Modell. Insbesondere unter normalen Marktbedingungen ist die Überlagerung des Modells und des BTC-Preises offensichtlich. Mit „normal“ sind hier primär Marktphasen gemeint, in denen keine extreme Auf- oder Abwärtsphase vorherrscht.
Betrachtet man den Chart von Beginn an, lässt sich der zuvor genannte Umstand in drei wesentlichen Marktphasen besonders stark beobachten
- 2011
- 2014
- 2023
Während der beiden erstgenannten Jahre diktierten Hype-Phasen den Bitcoin-Preis, und er stieg in regelmäßigen Abständen zu immer höheren Allzeithochs. Im Jahr 2023 sorgten globale Krisen seinerzeit für besonders tiefe Kursstände und somit für eine deutliche Abweichung zum prognostizierten Preis des Stock-2-Flow-Modells.
Ganzheitlich betrachtet über weit mehr als ein Jahrzehnt hinweg, zeigt sich allerdings deutlich, dass „Plan B“ mit seinen Analysen oft recht nah am wirklichen Preis lag.
Die über längere Marktphasen gute Vorhersage des BTC-Kurses macht das Modell zu einem validen Instrument für zukünftige Kursprognosen des Bitcoins. Zwischenzeitlich war das Modell jedoch auch weit vom Bitcoin-Preis entfernt.
Ferner muss man dagegen halten, dass der Bitcoin-Preis von vielen anderen Faktoren beeinflusst wird, was die Vorhersage äußert schwierig macht. Das S2F-Modell kann daher nur eine Tendenz geben, die wirkliche Entwicklung des Preises konnte bislang nicht vorhergesagt werden.
Derzeitige Bitcoin-Prognose des Stock-to-Flow-Modells
Schauen wir uns das Modell in der derzeitigen Phase an und legen den Bitcoin Preis darüber, zeigt sich ein differenziertes Bild. Die bunte Linie ist der Bitcoin-Preis und die Graue der Wert nach dem Stock-to-Flow-Modell.
Seit dem Bitcoin-Halving im April 2024 ist der S2F-Wert in die Höhe gegangen, da sich die Produktionsmenge von neuen BTC halbiert hat. Der Preis bewegte sich jedoch im Zeitraum April bis Oktober 2024 eher seitwärts, mit leichtem Abwärtstrend. Generell liegt der S2F-Wert schon längere Zeit über dem eigentlichen Bitcoin-Wert.
Kurzfristig konnte das Modell seit dem Havling den Kurs also nicht prognostizieren. Ob sich der Bitcoin-Preis langfristig wieder an dem Stock-to-Flow-Modell orientieren wird, bleibt abzuwarten.
5. Das Stock-to-Flow-Modell für Krypto-Trading
Trader könnten versuchen, eine Strategie auf Basis des Stock-to-Flow-Modells zu erstellen. Ob diese erfolgreich wäre, ist jedoch alles andere als sicher.
Allerdings bietet das Stock-to-Flow Modell viele Anknüpfungspunkte für das Swing-Trading. Bei dieser Strategie versuchen Trader mittelfristige Trends am Markt auszunutzen.
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Sollte der Bitcoin-Preis unter dem aus dem Stock-to-Flow-Modell errechneten Preis liegen, könnte dies ein Indiz dafür sein, dass der BTC unterbewertet ist.
Swing-Trader könnten hier die Chance sehen, BTC zu kaufen und bei steigenden Kursen, genauer gesagt einer Annäherung an die Stock-to-Flow Linie, wieder zu verkaufen.
6. Welche alternativen Modelle gibt es für den Bitcoin-Preis?
An neuen Modellen zur Prognose von Preisen mangelt es im Allgemeinen nicht. Da das Stock-to-Flow-Modell in der Vergangenheit nicht immer akkurat war, wenden sich Anleger auch immer wieder anderen Indikatoren zu.
Bitcoin Rainbow Chart
Eine sehr bekannte Alternative zum S2F ist das sogenannte Rainbow-Modell, welches eine logarithmische Wachstumskurve in Farbe eines Regenbogens über die Bitcoin-Preisentwicklung legt.
Diese musste in der Vergangenheit jedoch immer wieder angepasst werden, um den Preis auch wirklich abzubilden. Daher ist dieses Modell kein verlässlicher Indikator.
Bitcoin Potenzgesetz – Der Netzwerkeffekt
Ein weiteres beliebtes Modell ist das Potenzgesetz. Dies wurde vom Astrophysiker Giovanni Santostasi auf den Bitcoin-Preis angewandt. Potenzgesetze sagen grundlegend aus, dass beliebte Dinge noch beliebter werden.
Je mehr Klicks ein YouTube-Video hat, desto mehr Menschen werden sich dies ansehen. Städte, die bereits groß sind, haben die Tendenz, stärker zu wachsen als kleinere Städte.
Für Bitcoin und andere Kryptowährungen bedeutet diese Logik, dass die beliebtesten und meistgenutzten Coins am stärksten wachsen werden. Sie profitieren vom Netzwerkeffekt.
Giovanni Santostasi hat daher eine Formel entwickelt, in der er die aktiven User und die Schwierigkeit der Hash-Rate einbezieht. Je höher die Anzahl der Nutzer und der Miner ist, umso wertvoller wird der Bitcoin in seiner Berechnung.
Seine aktuelle Berechnung des fairen Bitcoin-Preises kannst du auf seiner Website nachsehen.