Deflation: Definition, Ursachen und Folgen
Geht es um das Feld der eigenen Finanzen wie auch eine Volkswirtschaft im Allgemeinen, gilt eine anhaltend hohe Inflation als Risikofaktor für Wohlstand. Doch ist die Inflation tatsächlich das schlimmste Phänomen der Ökonomie? Nicht ganz, denn eine Deflation hat zwar andere, aber noch gravierendere Folgen. Wir erklären, wie eine Deflation entsteht und was sie für Staat und Bürger bedeutet.
1. Was ist eine Deflation? – Definition
Alles wird billiger. Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Reisen, Elektrogeräte und auch Immobilien sowie Aktien kosten weniger als ein Jahr zuvor. Was wie eine Traumvorstellung klingt, ist für die Wirtschaft ein Horrorszenario.
Deflation einfach erklärt
Sinken die Preise für Waren und Dienstleistungen in allen Bereichen, gewinnt das Geld an Wert, weil du mit dem gleichen Betrag mehr kaufen kannst. Diesen Trend nennen Wirtschaftswissenschaftler Deflation, aus dem Latein Deflatio, was Abschwellung oder Ablassen von Luft bedeutet. Das Gegenteil, wenn die Geldmenge in dem Wirtschaftskreislauf steigt, das Geld an Wert verliert und die Preise steigen, ist die Inflation.
Um dir eine Vorstellung von Deflation zu geben, haben wir in der folgenden Tabelle herausgerechnet, wie die Preise für ein 20-Euro teures T-Shirt und für ein 25.000 € teures Auto sich verändern würden, wenn die Deflation 10 Jahre lang 2 Prozent pro Jahr betrüge.
Jahr | Preis/T-Shirt | Preis/Auto |
1 | 20,00 € | 25.000 € |
2 | 19,60 € | 24.500 € |
3 | 19,21 € | 24.010 € |
4 | 18,82 € | 23.530 € |
5 | 18,45 € | 23.059 € |
6 | 18,08 € | 22.598 € |
7 | 17,72 € | 22.146 € |
8 | 17,36 € | 21.703 € |
9 | 17,02 € | 21.269 € |
10 | 16,67 € | 20.844 € |
Historisches Beispiel für die Folgen der Deflation
Eine weltweite Deflation gab es in den frühen Dreißigerjahren des vergangenen Jahrhunderts nach dem Börsencrash im Oktober 1929, als viele Menschen wegen der darauffolgenden Depression sowohl ihr Vermögen als auch ihre Arbeit verloren. Sie hatten dadurch nicht genug Geld, um Güter oder Vermögenswerte zu kaufen.
Aus diesem Grund sanken die Profite der Unternehmen. Diese machten Verluste und entließen Personal, um ihre Kosten zu drücken. Damit konnten sich aber noch weniger Menschen etwas leisten. Die wenigen, die noch Geld hatten, gaben es aus Angst vor noch schlechteren Zeiten nicht aus. Das führte zu einer Spirale, die circa 10 Jahre dauerte.
In Deutschland begünstigte die Verarmung von großen Teilen der Bevölkerung den Aufstieg des Nationalsozialismus. Andere Länder, beispielsweise England und die USA, blieben von solchen Folgen verschont. Dennoch waren aufgrund der Massenarbeitslosigkeit viele Menschen nicht mehr in der Lage, ihre Familien zu ernähren. Hunger und Obdachlosigkeit gehörten zum Alltagsbild.
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2. Wie entsteht eine Deflation? – Ursachen und Beispiele
Es gibt zwei Szenarien, die zu einer Deflation führen. Hält die Depression, die letzte Konjunkturphase, zu lang an, verlieren viele Menschen ihre Arbeit oder fürchten eine Entlassung. Stürzen auch die Aktienwerte, wie bei dem Börsencrash 1929, werden zudem Vermögen vernichtet.
Entstehung der Preisdeflation
Das alles führt dazu, dass die Menschen auf Anschaffungen verzichten, die nicht zwingend notwendig sind. Die Unternehmen sitzen auf ihren Waren und senken die Preise in der Hoffnung, ihre Umsätze doch noch zu retten. Diese Art von Deflation nennen Ökonomen Preisdeflation.
Ein solches Phänomen tritt in Japan seit den Neunzigern immer wieder auf. Auslöser war das Platzen einer Aktien- und Immobilienblase 1989, die viele Vermögenswerte stürzen ließ. Obwohl die Wirtschaft sich nach und nach erholte, blieb das Wirtschaftswachstum in den folgenden 30 Jahren hinter den Erwartungen.
Die rasch alternde Gesellschaft, die traditionelle Sparmentalität der Japaner und die gesunkene Wettbewerbsfähigkeit der Industrie führten zu einer Zurückhaltung beim Konsumverhalten. Dadurch trat immer wieder eine leichte Preisdeflation auf.
Geldmengendeflation
Ein weiteres Ereignis, das zu einer Deflation führen kann, ist ein starkes Zusammenschrumpfen der Geldmenge im Umlauf. Das ist beispielsweise der Fall, wenn die Zentralbank eines Landes die Zinsen zu stark anhebt, um die Inflation zu bekämpfen. Dann spricht man von einer Geldmengendeflation.
Sind die Zinsen zu hoch, bekommen Unternehmen nur schwer Kredite. Dadurch verschieben sie Investitionen, die Produktion sinkt. Zudem kürzen sie meist den Lohn ihrer Mitarbeiter oder entlassen sie gleich. Der Konsum bricht ein, auch investieren weniger Menschen in den Aktienmarkt, wodurch Unternehmen noch mehr finanzielle Mittel fehlen.
Auch Private kommen schwer an Darlehen, beispielsweise um eine Immobilie zu finanzieren. Somit sinken auch die Preise für Häuser und Wohnungen. Wer noch Geld hat, kann sie zwar günstiger erwerben.
Doch, da die Mietpreise auch sinken, bringt eine Immobilie als Kapitalanlage nicht die erwartete Rendite. Es entsteht ein Teufelskreis aus geringen Erwartungen, geringer Nachfrage, sinkenden Preisen und stagnierender oder rückläufiger Wirtschaftsleistung.
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3. Was sind die Folgen einer Deflation?
Bei einer Deflation:
- sinken die Preise für Güter und Dienstleistungen
- bricht die Nachfrage ein
- kühlt sich der Aktienmarkt stark ab
- rutscht die Wirtschaft in eine Rezession
In den kommenden Abschnitten analysieren wir, welche Auswirkung eine Deflation auf die verschiedenen Akteure hat.
Auswirkungen der Deflation auf den Staat
Fast alle Staaten haben Schulden. Dies ist notwendig, um Investitionen in die Infrastruktur und Sozialleistungen zu finanzieren. Das ist kein Problem, solange die Wirtschaft stärker als die Schulden wächst. Bei einer Deflation sinken sowohl die Wirtschaftsleistung als auch die Steuereinnahmen.
Gleichzeitig wachsen die realen Schulden, weil das Geld an Wert gewinnt. Damit kann der Staat seine Schulden immer schwerer bedienen. Um nicht bankrottzugehen, muss er Investitionen und Sozialprogramme kürzen. Die Verlierer sind sowohl die Wirtschaft als auch die Bürger.
Auswirkungen der Deflation auf die Sparer
Wer Geld auf dem Sparkonto hat, zählt bei einer Deflation auf den ersten Blick zu den Gewinnern, da seine Ersparnisse automatisch an Wert gewinnen. Dennoch bedeutet das nicht zwingend, dass sein Vermögen sich vermehrt. Während der Great Depression in den USA mussten beispielweise viele arbeitslos gewordene Menschen ihre Ersparnisse aufbrauchen, um Güter des täglichen Bedarfs zu kaufen.
Ob Sparer von einer Deflation profitieren, hängt daher davon ab, wie hoch ihre Ersparnisse sind und wie lange die Deflation anhält.
Deflation: Folgen für die Schuldner
Da das Geld bei einer Deflation an Wert gewinnt, wird der Realwert der Schulden größer. Leiht sich jemand von seinem besten Freund 100 €, und zahlt er sie ein Jahr später zurück, kann sich der Freund davon mehr Waren kaufen als ein Jahr zuvor. Der Schuldner muss dagegen von der Kaufkraft her mehr zurückzahlen, als er sich ausgeliehen hat.
Auch im großen Maßstab bleibt das Prinzip gleich. Wer etwa einen Hauskredit zurückzahlt, ist bei einer Deflation ungeachtet der Zinsen und unabhängig von seinem Einkommen im Nachteil. Der Profiteur ist in diesem Fall die Bank.
Folgen für Investoren
Kommt es zu einer Rezession und zu einer deflationären Phase, bricht die Nachfrage nach Aktien, Edelmetallen und Rohstoffen ein. Wer investiert hat, verliert also real einen Teil seines Vermögens. Erholt sich jedoch die Wirtschaft wieder, kann sich die Lage schnell umkehren.
Somit kann es sich als günstig erweisen, während einer Deflation in den Aktienmarkt einzusteigen oder Gold zu kaufen.
4. Welche Maßnahmen wirken gegen Deflation?
Da eine lang anhaltende Deflation eine hohe Arbeitslosigkeit und einen Einbruch der Wirtschaft zur Folge hat, tun sowohl der Staat als auch die Notenbanken alles dafür, dass es gar nicht dazukommt. Eine zentrale Aufgabe kommt den Zentralbanken zu, die den Leitzins senken, um die Nachfrage anzukurbeln.
Zum Beispiel senkten 2008 und in den folgenden Jahren die Europäische Zentralbank, die Fed und alle anderen Zentralbanken den Leitzins bis auf null. Im Herbst 2008 war die globale Nachfrage nach dem Börsencrash und dem Platzen der Immobilienblase in den USA eingebrochen.
Die Maßnahme zeigte seine Wirkung. Zwar war das Jahr 2009 von einer globalen Rezession geprägt. Dennoch konnte eine Deflation vermieden werden und die Wirtschaft wuchs ab 2010 wieder, wenn auch in einigen Ländern langsamer als vor der Wirtschaftskrise.
Auch der Staat spielt bei einer Deflation eine große Rolle. Indem er durch staatliche Investitionen die Konjunktur fördert, kann er Unternehmen retten und den Binnenmarkt stärken. Bei einem drohenden oder bereits vorhandenen Anstieg der Arbeitslosigkeit stützt er zudem private Haushalte finanziell, damit sie nicht verarmen.
Damit erhält er den Wirtschaftskreislauf am Laufen und unterstützt indirekt die Unternehmen. Auch direkte Hilfen für Betriebe, die von einer Insolvenz bedroht sind, haben sich in der Vergangenheit als hilfreich erwiesen.
Staat gegen Deflation: der New Deal (1933)
Ein Beispiel für eine staatliche Intervention während einer Deflation ist der New Deal, den der US-Präsident Franklin Delano Roosevelt 1933 als Antwort auf die schwere Wirtschaftskrise ins Leben rief. Die Maßnahmen umfassten finanzielle Hilfen sowie günstige Kredite für die Landwirte und die Industrie sowie die Schaffung neuer Stellen durch staatliche Investitionen in die Infrastruktur.
Staat gegen Deflation: die Coronahilfen (2020)
Ein jüngeres Beispiel für das Eingreifen des Staates bei einer drohenden Deflation sind die Hilfspakete, die die Bundesregierung während der Corona-Pandemie gewährte.
Unter anderem erhielten Unternehmen und Selbstständige Überbrückungshilfen, auch wurde das Insolvenzrecht temporär ausgesetzt. Dadurch, dass der Staat die Kurzarbeit finanzierte, konnten viele Entlassungen vermieden werden. Dass es nicht wie befürchtet zu einer Deflation, sondern lediglich zu einer Inflation von 0,5 Prozent kam, ist auch diesen Maßnahmen zu verdanken.
5. Deflation oder Inflation: Was ist schlimmer?
Seit dem Ende der Corona-Pandemie und dem Beginn des Ukraine-Kriegs dominiert die Angst vor einer hohen Inflation die Schlagzeilen.
Inflation hat nicht immer negative Folgen
Steigen die Produkte für Güter des täglichen Bedarfs sprunghaft, haben vor allem Haushalte mit einem geringen Einkommen Schwierigkeiten, ihre Grundbedürfnisse wie Nahrung und Wohnen zu decken.
Auch erhöhen sich die Produktionskosten für die Unternehmen, da diese mehr für Waren und Energie zahlen müssen. Steigen die Preise schneller als die Löhne, kaufen die Menschen weniger. Das führt im ungünstigsten Fall zu einer Stagflation, bei der eine hohe Inflation zusammen mit einem geringen Wirtschaftswachstum auftritt.
Dennoch schließt selbst eine hohe Inflation nicht zwingend Wirtschaftswachstum aus. So verzeichnete Italien 1980 eine Inflationsrate von 21 Prozent und ein Wirtschaftswachstum von 3,4 Prozent.
Deflation, nein danke! Dann lieber ein bisserl Inflation.
Darum ist Deflation schlimmer als Inflation
Bei einer Deflation passiert das Gegenteil: Da die Preise sinken, gehen die Produktionskosten nach unten. Weil die Nachfrage einbricht, schicken Betriebe Mitarbeiter in Kurzarbeit oder entlassen sie. Ist die Arbeitslosigkeit hoch und die Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt groß, steigen die Löhne nicht oder sinken.
Auf den ersten Blick denkst du vielleicht, dass die Deflation das bessere Szenario ist. Doch die Geschichte hat gezeigt, dass das nicht stimmt. So waren 1933, auf dem Höhepunkt der Great Depression, 25 Prozent der Amerikaner arbeitslos. Wer noch eine Arbeit hatte, musste Lohnkürzungen, Kurzarbeit oder unregelmäßige Lohnzahlungen hinnehmen.
Fehlt dem Staat langfristig Geld, leiden die Infrastruktur und die öffentliche Versorgung. Schulen können nicht saniert, Straßen nicht gebaut werden. Auch die Unternehmen verlieren ihre Wettbewerbsfähigkeit, weil sie nicht in neue Technologien investieren können.
Deswegen ist eine anhaltende Deflation schlimmer als eine anhaltende Inflation. Das bedeutet nicht, dass Letztere immer ungefährlich ist. Eine Inflation von circa 2 Prozent ist aber gewollt und notwendig, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Eine Deflation ist dagegen nie vorteilhaft.
6. Fazit zur Deflation
Unter Deflation versteht man einen allgemeinen Preisverfall, der von einem Rückgang der Nachfrage und einem Schrumpfen der Wirtschaft begleitet wird. Als Ursachen kommen ein Einbruch der Nachfrage, beispielsweise wegen einer Rezession, oder ein Rückgang der Geldmenge infrage.
Da eine anhaltende Deflation nur negative Folgen hat, greifen sowohl die Zentralbanken als auch die Politik schon bei den geringsten Anzeichen ein. Oft mit Erfolg: Die letzte weltweite und anhaltende Depression fand in den 1930er-Jahren statt. Auch für die kommenden Jahre schätzen Wirtschaftswissenschaftler die Gefahr einer globalen Deflation als gering ein.