
Erben und vererben – wer erbt was und wie hoch sind die Steuern?
Deine Eltern überlegen, dir noch zu Lebzeiten das Haus zu überschreiben, um die Erbschaftssteuer zu umgehen? Du hast Vermögen gebildet und machst dir Gedanken darüber, was im Falle deines Todes passiert? Im folgenden Artikel findest du die wichtigsten Informationen zum Thema Erbschaftsrecht sowie Tipps über Steuern, Schenkungen und den Pflichtteil.
- Stirbt jemand ohne Testament, gilt die gesetzliche Erbfolge: zunächst erben Ehegatte, Kinder und Enkel, die von bereits verstorbenen Kindern abstammen (Erben 1. Ordnung).
- Gibt es keine Erben 1. Ordnung, werden Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten berücksichtigt.
- Auch bei einem vorhandenen Testament haben Erben 1. Ordnung das Recht auf einen Pflichtteil.
- Übersteigt der Nachlass bestimmte Freibeträge, die vom Verwandtschaftsgrad abhängen, müssen die Erben eine Erbschaftssteuer zahlen.
- Bei Schenkungen zu Lebzeiten wird eine Schenkungssteuer fällig, wenn der verschenkte Betrag über den Freibeträgen liegt.
- Stirbt der Erblasser weniger als 10 Jahre nach der Schenkung, wird diese auf den Freibetrag der Erbschaft angerechnet.
1. Wer erbt im Todesfall? Die gesetzliche Erbfolge
Zwei bettelarme, obdachlose Brüder aus Ungarn bekommen plötzlich die Nachricht, dass sie den Großteil des Vermögens in Höhe von 6,6 Milliarden Dollar ihrer verstorbenen Oma, die sie nie kennengelernt hatten, erben.
Solche Geschichten sind genauso sensationell wie selten: Circa zwei Drittel der Deutschen erbten 2024 laut einer Studie der Deutschen Bank weniger als 250.000 Euro.
Gibt es kein Testament, wie bei ungefähr der Hälfte aller Todesfälle im Jahr 2022, dann erfolgt die Erbschaft nach der gesetzlichen Erbfolge:
- Zunächst kommen die Erben 1. Ordnung, also der Ehepartner oder der eingetragene Lebenspartner plus Kinder, Enkelkinder und Urenkel.
- Nicht alle Erben 1. Ordnung bekommen automatisch etwas: Leben zum Todeszeitpunkt die Kinder des Verstorbenen, erben ihre Kinder und Kindeskinder, also die Enkel und Urenkel, nichts.
- Gibt es keine Erben 1. Ordnung, sind die Erben 2. Ordnung dran: Eltern, Geschwister und ihre Kinder, also Neffen und Nichten.
- Sind auch keine Erben 2. Ordnung vorhanden, werden die Erben 3. Ordnung berücksichtigt, also Großeltern, Tanten und Onkel sowie Cousins und Cousinen.
- Lässt sich kein Erbe ermitteln, tritt der Staat als Erbe ein. Innerhalb von 30 Jahren können eventuelle Erben noch die Erbschaft antreten, wodurch der Staat zurücktritt.
Gesetzliche Erbfolge bei Erben 1. Ordnung
Manfred Mustermann ist verheiratet (Zugewinngemeinschaft) und hat zwei Kinder, von denen eins schon verstorben ist, sowie vier Enkel: zwei von dem noch lebenden und zwei von dem verstorbenen Kind. Plötzlich stirbt Manfred, ohne ein Testament hinterlassen zu haben.
Sein Vermögen in Höhe von 400.000 geht zur Hälfte an seine Witwe, die 200.000 Euro erhält. Von der zweiten Hälfte geht ein Viertel, also 100.000 Euro, an das noch lebende Kind. Die verbleibenden 100.000 Euro werden zwischen den zwei Enkelkindern, die vom verstorbenen Kind abstammen, aufgeteilt. Jeder Enkel bekommt also 50.000 Euro. Die anderen beiden Enkel, die vom noch lebenden Kind abstammen, erben nichts.
Gesetzliche Erbfolge bei Erben 2. Ordnung
Marina Mustermann ist verheiratet (Zugewinngemeinschaft) und hat keine Kinder, aber zwei Nichten. Als sie ohne Testament stirbt, erbt ihr Witwer drei Viertel ihres Vermögens in Höhe von 600.000 Euro, also 450.000 Euro. Von dem restlichen Viertel bekommen die Nichten jeweils die Hälfte. Jede von ihnen erhält also 75.000 Euro.
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Gibt es einen Ehepartner, hängt sein Erbanteil davon ab, ob die Eheleute sich für eine Zugewinngemeinschaft oder für eine Gütertrennung entschieden haben. Ist Letzteres der Fall, verkleinert sich der Erbanspruch des Witwers/der Witwe: Sind Erben 1. Ordnung vorhanden, erben Kinder und Ehegatte zu gleichen Teilen, wobei letzterer mindestens 1/4 des Nachlasses bekommt. Gibt es nur Erben 2. Grades, erhält der Ehegatte die Hälfte.
In unseren vorherigen Beispielen bekäme Manfred Mustermanns Witwe bei einer Gütertrennung nur 100.000 statt 200.000 Euro, Marina Mustermanns Witwer erhielte statt 450.000 Euro nur 300.000 Euro.

2. Das Testament – Modelle und Tipps
Jeder, der älter als 16 Jahre ist, kann in Deutschland selbst über seinen Nachlass bestimmen und ein Testament verfassen. Experten empfehlen daher, sich frühzeitig darum zu kümmern, um späteren Erbstreitigkeiten vorzubeugen.
Damit ein Testament gültig ist, muss es einige Kriterien erfüllen:
- Handschriftlich verfasst oder zu Lebzeiten von einem Notar anerkannt.
- Bei Ehegatten, die sich ein gemeinschaftliches Testament wünschen, müssen beide unterschreiben.
- In beiden Fällen müssen die Unterschrift des Verfassers, der Ort und das Datum des Verfassens enthalten und lesbar sein.
- Die Aufteilung des Vermögens muss im Testament klar benannt werden.
Entspricht ein Testament nicht den gesetzlichen Vorgaben, wird es für ungültig erklärt und der Nachlass wird nach der gesetzlichen Erbfolge aufgeteilt. Das ist auch der Fall, wenn der Erblasser zum Zeitpunkt des Verfassens unmündig war oder zum Verfassen des Testaments gezwungen wurde.
Berliner Testament
42 Prozent aller befragten Ehepaare entschieden sich 2024 für das sogenannte Berliner Testament. Es legt fest, dass das gesamte Vermögen der Eheleute nach dem Tod eines Ehepartners an den noch lebenden Ehepartner vererbt wird. Nach gesetzlicher Erbfolge bekäme er nur die Hälfte, während die andere Hälfte an die Kinder gehen würde.
Verstirbt auch der andere Ehepartner, erben die Kinder das Gesamtvermögen. In der Regel lässt sich diese Erbfolge nur zu Lebzeiten beider Ehepartner ändern. Streitet sich beispielsweise nach dem Tod des Vaters die Mutter mit der Tochter und will sie bis auf den Pflichtteil enterben, geht das nur, wenn noch zu Lebzeiten des Vaters ein Änderungsvorbehalt ins Testament eingetragen wurde.
3. Pflichtteil berechnen : Anspruch und Höhe
Auch mit einem Testament können Menschen mit Ehepartnern, Kindern, Enkeln und Urenkeln, nicht komplett frei über ihr Vermögen verfügen. Beschließen sie, ihr Vermögen anderweitig zu vererben, haben die Erben 1. Ordnung trotzdem das Recht auf einen Pflichtteil. Dieser beträgt die Hälfte ihres gesetzlichen Erbteils.
Dabei spielt es keine Rolle, ob zu Lebzeiten eine gute Beziehung oder überhaupt Kontakt bestand. Eine Ausnahme gilt nur, wenn der Erbe 1. Grades ein schweres Verbrechen gegen den Erblasser oder seine nächsten Angehörigen begangen, beziehungsweise nach ihrem Leben getrachtet hat. Ebenfalls gehen die Ansprüche auf den Pflichtteil verloren, wenn der Berechtigte einen notariell beglaubigten Verzicht unterschrieben hat.
Erben 2. Ordnung wie Eltern, Geschwister, Neffen und Nichten haben dagegen keinen Anspruch auf einen Pflichtteil.
Pflichtteil bei Erben 1. Ordnung – ein Rechenbeispiel
Andreas Ärger streitet sich einige Jahre vor seinem Tod mit seiner einzigen Tochter und hinterlässt sein ganzes Vermögen in Höhe von 1 Million Euro seiner zweiten Frau, mit der er in einer Zugewinngemeinschaft lebt. Nach seinem Tod klagt die Tochter ihren Pflichtteil ein. Nach der gesetzlichen Erbfolge bekäme sie 500.000 Euro. Ihr Pflichtteil beträgt also 250.000 Euro.
Möchten Erben 1. Ordnung ihren Pflichtteil einfordern, haben sie dafür ab Kenntnisnahme des Todesfalls 3 Jahre Zeit. Die Frist endet zum Jahreswechsel des 3. Jahres nach dem Tod. Stirbt der Erblasser also am 02.01.2025, müssen sie spätestens bis zum 31.12.2028 ihren Pflichtteil einklagen. Wussten sie nichts vom Todesfall, endet die Frist nach 30 Jahren.
3. Die Erbschaftssteuer: Welche Steuern fallen beim Erbe an?
Deine Eltern haben ein beträchtliches Vermögen angehäuft, sodass bis zu deiner Rente voraussichtlich alles in trockenen Tüchern sein wird? Bevor du überlegst, was du mit deinem Erbe machen wirst, solltest du ausrechnen, wie viel du an das Finanzamt abtreten musst.
Übersteigt das vererbte Vermögen bestimmte Freibeträge, die sich nach dem Verwandtschaftsgrad richten, erhebt der Staat eine Erbschaftssteuer. Der Freibetrag bezieht sich nicht nur auf Geld, sondern auch auf andere Vermögenswerte wie Immobilien, Aktien oder Wertgegenstände.
Verwandschaftsgrad | Freibetrag | Steuerklasse |
Ehegatte/eingetragener Lebenspartner | 500.000 € | I |
Kinder | 400.000 € | I |
Enkel/Urenkel | 200.000 € | I |
Eltern/Großeltern | 100.000 € | II |
Sonstige | 20.000 € | III |
Der Wert einer vererbten Immobilie wird vom Finanzamt bestimmt. Oft wird er allerdings zu hoch angesetzt sein, sodass die Erben zu viel Steuern zahlen. Angesichts dessen lohnt es sich bei vererbten Immobilien häufig, einen Gutachter einzuschalten.
Doch wie hoch ist die Erbschaftssteuer? Das hängt, genauso wie die Freibeträge, vom Verwandtschaftsgrad und zusätzlich von der Höhe des Vermögens ab. Dabei teilt das Finanzamt Erben in Steuerklassen ein, die jedoch nichts mit den Steuerklassen bei der Gehaltsabrechnung zu tun haben:
- Zur Steuerklasse I. zählen die Erben 1. Ordnung, also Ehepartner, Kinder, (Ur-)Enkel und (Groß-)Eltern.
- Zur Steuerklasse II. zählen Geschwister, Nichten/Neffen, Schwiegerkinder, Stiefeltern und geschiedene Ehepartner.
- Alle weiteren Erben erhalten die Steuerklasse III.
Steuerklassen und Steuerstufen bei der Erbschaftssteuer
Steuersatzstufen | Steuerklasse I. | Steuerklasse II. | Steuerklasse III. |
---|---|---|---|
bis 75.000 Euro | 7% | 15% | 30% |
bis 300.000 Euro | 11% | 20% | 30% |
bis 600.000 Euro | 15% | 25% | 30% |
bis 6.000.000 Euro | 19% | 30% | 30% |
bis 13.000.000 Euro | 23% | 35% | 50% |
bis 26.000.000 Euro | 27% | 40% | 50% |
ab 26.000.000 Euro | 30% | 43% | 50% |

4. Die Schenkung als vorzeitiges Erben – was soll man dabei beachten?
Reichen die Freibeträge nicht, kommen viele auf die Idee, schon zu Lebzeiten ihr Vermögen zu verschenken, damit Kinder und Enkel später keine oder weniger Steuern zahlen.
Für Schenkungen gelten aber genauso wie für Erbschaften Freibeträge, die sich nach dem Verwandtschaftsgrad richten. Übersteigt die Schenkung den Freibetrag, wird eine Schenkungssteuer fällig, die genauso hoch wie die Erbschaftssteuer ist. Die unterstehende Tabelle zeigt, welcher Freibetrag und Steuerklasse für wen gilt.
Verwandtschaftgrad | Freibetrag | Steuerklasse | Steuersatz |
Ehegatte/eingetragener Lebenspartner | 500.000 € | I | |
Kinder/Stiefkinder | 400.000 € | I | |
Enkel/Urenkel | 200.000 € | I | |
Eltern | 20.000 € | II | |
Geschwister | 20.000 € | II | |
Neffen/Nichten | 20.000 € | II | |
Sonstige | 20.000 € | III |
Der Freibetrag lässt sich alle 10 Jahre in Anspruch nehmen. Fangen Erblasser also zeitig damit an, ihren Erben ihr Vermögen zu verschenken, erben diese je nach Vermögenshöhe und Verwandtschaftsgrad steuerfrei. Stirbt der Erblasser jedoch weniger als 10 Jahre nach der letzten Schenkung, wird diese auf den Freibetrag der Erbschaft angerechnet.
Arm schenken? Der Staat kann nachträglich zur Kasse bitten
Hohe Pflegekosten und Altersarmut beschäftigen viele ältere Menschen mit geringer Rente. Werden sie bedürftig und müssen sie Sozialleistungen in Anspruch nehmen, etwa um die Pflege im Altersheim zu finanzieren, kann das Sozialamt sogenannte Regressansprüche geltend machen, wenn in den 10 Jahren vor der Hilfsbedürftigkeit eine Schenkung erfolgte.
Die Begünstigten müssen dann je nach Umstand einen Teil oder den ganzen Betrag zurückzahlen. Damit möchte der Staat verhindern, dass Menschen ihr Vermögen beiseiteschaffen und anschließend die Solidargemeinschaft belasten („arm schenken“). Schenkungen zugunsten der Kinder lohnen sich daher vor allem im mittleren Alter, wenn es davon auszugehen ist, dass die verbleibende Lebenserwartung mehr als 10 Jahre beträgt.
6. Schulden erben: Wann darf man das Erbe ausschlagen?
Manche Verstorbenen hinterlassen kein Vermögen, sondern nur Kredite und Schulden. Tun sie nichts, haften dafür die Erben mit ihrem Privatvermögen. Jedoch haben sie die Möglichkeit, innerhalb von 6 Wochen nach Kenntnisnahme des Erbfalls das Erbe auszuschlagen. Haben sich der Verstorbene oder die Erben zum Todeszeitpunkt im Ausland aufgehalten, verlängert sich die Frist auf 6 Monate.
Die Ausschlagung erfolgt persönlich beim Nachlassgericht, also bei dem Amtsgericht am letzten Wohnort des Verstorbenen, oder beim Amtsgericht an ihrem Wohnort. Alternativ ist auch eine notariell beglaubigte Erklärung möglich.
Verzichten alle Erben auf ihren Anteil, regelt der Staat den Nachlass. In dem Fall bleiben die Schuldner auf ihren Kosten sitzen. Ist es jedoch unklar, ob die Schulden das Vermögen übersteigen oder nicht, können die Erben alternativ zur Ausschlagung eine Nachlassverwaltung beantragen. Der Verwalter klärt dabei die Höhe der Schulden sowie des vorhandenen Vermögens.
- Bleibt Geld übrig, nachdem die Schulden beglichen wurden, teilt er es unter die Erben auf.
- Bleiben nur Schulden übrig, eröffnet er ein Nachlassinsolvenzverfahren. Die Erben haften dabei nicht mit ihrem Vermögen.
Du hast ein Erbe angenommen, ohne zu wissen, dass es vor allem aus Schulden bestand? In diesem Fall kannst du selbst beim Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen Wohnsitz hatte, ein Nachlassinsolvenzverfahren eröffnen. Damit haftet nur der vorhandene Nachlass für die Schulden. Ein solches Verfahren verschlechtert deinen SCHUFA-Score nicht und hat auf deine Bonitätseinstufung keine Auswirkungen.
- Anonymisierter Benutzer12. Juli 2023Bei uns gibt es ein Todesfall. Darum brauchen wir nun eine Anwaltskanzlei für Erbrecht. Interessant, dass das Testament die Reihenfolge regelt.
- Anonymisierter Benutzer28. Juni 2023Ich möchte ein Testament schreiben. Mir war nicht bewusst, dass man hier einige Vorgaben beachten muss. Am besten wende ich mich auch an einen Notar für Erbrecht.
- Anonymisierter Benutzer01. Juni 2023Ich mache mich zum Thema Erbrecht schlau. Gut zu wissen, dass man beim Testament auch einige Dinge beachten muss. Dass es sogar eine gesetzliche Reihenfolge gibt, wusste ich nicht.
- Anonymisierter Benutzer25. Mai 2023Ich finde, es ist auch immer wichtig einen Anwalt für Erbrecht aufzusuchen, da es auch immer zu Problemen führen kann. Es gibt viele gierige Familienmitglieder, die es dann auf das Geld abgesehen haben.
- Anonymisierter Benutzer09. April 2023Ich kenne mich mit Familienrecht überhaupt nicht aus. Danke, ich verstehe das Erben jetzt besser. Wahrscheinlich hat man im Fall des Falles auch einen Anwalt an der Seite.