Frau analysiert Verschuldungsgrad einer Aktie
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Verschuldungsgrad: Berechnung und Aussagekraft der Kennzahl

Lesezeit 6 min.

Lektoriert vonDennis Groß
Überprüft durchSebastian Rau
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Schulden sind schlecht und Unternehmen mit einem niedrigen Verschuldungsgrad sind daher besonders gut? Dieser Frage gehen wir in unserem Artikel nach. Wir erklären dir zunächst, was es mit dem Verschuldungsgrad auf sich hat und wie er sich berechnet.

Anschließend betrachten wir zwei Beispiele zur Berechnung des Verschuldungsgrades und interpretieren diese. Dabei klären wir auch die Frage, ob ein hoher Verschuldungsgrad per se schlecht ist und ob ein besonders niedriger Verschuldungsgrad wirklich von Vorteil ist.

1. Verschuldungsgrad Definition: Was ist das?

Der Verschuldungsgrad ist eine vielfach betrachtete Kennzahl, um die finanzielle Stabilität eines Unternehmens im Rahmen der Fundamentalanalyse zu bewerten. Die Definition vom Verschuldungsgrad lautet, dass das Fremdkapital ins Verhältnis zum Eigenkapital gesetzt wird. Ein besonders hoher Verschuldungsgrad kann bei deinen Investitionsentscheidungen ein Warnzeichen sein.

Im Englischen ist der Verschuldungsgrad unter dem Begriff „Leverage“ bekannt. Der Verschuldungsgrad bzw. der Leverage gibt dir Auskunft über die Finanzierung eines Unternehmens. Möchtest du Aktien bewerten, solltest du nicht nur einen Blick auf die Rentabilität, sondern auch auf die finanzielle Stabilität werfen und Kennzahlen wie den Verschuldungsgrad mitberücksichtigen.

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2. Verschuldungsgrad Formel: So berechnest du die Kennzahl

Der Verschuldungsgrad kann berechnet werden, indem du das Fremdkapital eines Unternehmens ins Verhältnis zu seinem Eigenkapital setzt. Die Formel für den Verschuldungsgrad lautet also:

Zum Eigenkapital gehören das gezeichnete Kapital, die Kapitalrücklagen, die Gewinnrücklagen sowie der Jahresüberschuss. Das Fremdkapital umfasst die Summe aller Verbindlichkeiten.

Bei den Verbindlichkeiten werden in einigen Fällen nur die langfristigen Verbindlichkeiten berücksichtigt. Hierbei handelt es sich aber um einen Sonderfall. Wir betrachten die deutlich häufiger verwendete Formel, bei der die kurzfristigen und langfristigen Verbindlichkeiten berücksichtigt werden.

Verschuldungsgrad berechnen: Wo finde ich die Daten für die Formel?

Das Eigenkapital und Fremdkapital findest du in der Bilanz eines Unternehmens. Die Bilanz ist Bestandteil des Jahresabschlusses. Für die Berechnung des Verschuldungsgrades benötigst du also lediglich Daten aus der Bilanz. Die Arbeit mit dem Jahresabschluss und die Berechnung von Kennzahlen ist Teil der Bilanzanalyse.

Möchtest du wissen, wie du einen Jahresabschluss auswerten kannst, schau gerne auch mal in unseren Artikel zum Thema Bilanz richtig lesen.

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Unterschied Verschuldungsgrad und Fremdkapitalquote

Neben dem Verschuldungsgrad wird häufig auch die Fremdkapitalquote betrachtet. Während der Verschuldungsgrad berechnet wird, indem das Fremdkapital durch das Eigenkapital dividiert wird, ergibt sich die Fremdkapitalquote, indem das Fremdkapital durch das Gesamtkapital dividiert wird. Das Gesamtkapital entspricht der Summe aus Eigenkapital und Fremdkapital und ist gleichzusetzen mit der Bilanzsumme.

Beim Verschuldungsgrad steht also das Eigenkapital im Nenner, bei der Fremdkapitalquote das Gesamtkapital. Der Verschuldungsgrad ist für gewöhnlich deutlich höher als die Fremdkapitalquote.

Der Verschuldungsgrad und die Fremdkapitalquote hängen auch sehr eng mit der Eigenkapitalquote zusammen. Ein hoher Verschuldungsgrad oder eine hohe Fremdkapitalquote haben gleichzeitig eine niedrige Eigenkapitalquote zur Folge.

Beispiele zur Berechnung des Verschuldungsgrads

Wir schauen uns nun ein Beispiel an, bei dem wir den Verschuldungsgrad für zwei Unternehmen berechnen. Zum einen Henkel und anschließend Nestlé.

Als erstes Unternehmen für unser Beispiel betrachten wir Henkel. Dafür greifen wir auf den Jahresabschluss vom Geschäftsjahr 2022 zurück. In diesem Jahr hat Henkel ein Eigenkapital in Höhe von 20.157 Millionen Euro ausgewiesen.

Das Fremdkapital setzt sich aus langfristigen Verbindlichkeiten von 3.870 Millionen Euro und kurzfristigen Verbindlichkeiten von 9.152 Millionen Euro zusammen. Das Fremdkapital beläuft sich in Summe also auf 13.022 Millionen Euro. Daraus ergibt sich ein Verschuldungsgrad von 64,6 %.

Als zweites Beispiel betrachten wir Nestlé. Auch hier ziehen wir die Daten aus dem Jahresabschluss vom Geschäftsjahr 2022. Das Eigenkapital lag bei 42.792 Millionen CHF.

Die kurzfristigen Verbindlichkeiten betragen 39.976 Millionen CHF und die langfristigen Verbindlichkeiten belaufen sich auf 52.414 Millionen CHF. Das Fremdkapital beträgt in Summe also 92.390 Millionen CHF. Der Verschuldungsgrad beträgt demnach 231,1 %.

Ob nun Henkel aufgrund des niedrigeren Verschuldungsgrades im Vergleich zu Nestlé die bessere Aktie ist, klären wir gleich.

3. Was ist der dynamische Verschuldungsgrad?

Der dynamische Verschuldungsgrad trifft eine ganz andere Aussage als der normale Verschuldungsgrad. Der Verschuldungsgrad gibt dir Auskunft darüber, wie hoch der Anteil des Fremdkapitals im Verhältnis zum Eigenkapital aktuell ist.

Im Gegensatz dazu ermittelt der dynamische Verschuldungsgrad, wie viele Jahre das Unternehmen benötigt, um das Fremdkapital zu tilgen. Die Tilgung von Schulden ist mit dem Cashflow möglich, den das Unternehmen erwirtschaftet. Die Formel für den dynamischen Verschuldungsgrad lautet:

Der Cashflow ist die Differenz aus allen Einzahlungen und Auszahlungen, die am Ende eines Geschäftsjahres übrigbleibt. Beachte bitte, dass es sich beim dynamischen Verschuldungsgrad lediglich um eine theoretische Kennzahl handelt, wie viele Jahre das Unternehmen zur Tilgung der Schulden benötigen würde. Es ist absolut nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll, dass das Unternehmen seine Schulden komplett tilgt, wie du später noch sehen wirst.

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4. Wie interpretiert man den Verschuldungsgrad?

Bei der Interpretation des Verschuldungsgrades ist das Erste, das du wissen solltest, dass ein niedriger Verschuldungsgrad besser ist als ein hoher Verschuldungsgrad. Unklar ist aber, ab wann von hoch und niedrig gesprochen werden kann.

Ein Verschuldungsgrad von 300 % ist sicherlich hoch, ein Verschuldungsgrad von 20 % ist hingegen niedrig. Wie sieht das aber bei einem Verschuldungsgrad von 80 % aus? Es gibt hier keinen starren Richtwert, ab wann ein Verschuldungsgrad niedrig genug ist.

Du solltest bei deiner Aktienanalyse auch nicht das Ziel haben, Aktien mit einem besonders niedrigen Verschuldungsgrad zu finden. Der Verschuldungsgrad hat vor allem dann eine hohe Aussagekraft, wenn es darum geht sicherzustellen, dass die Verschuldung nicht zu hoch ist.

Bei einem Verschuldungsgrad von mehr als 200 % solltest du genauer hinschauen. Ist das Unternehmen sehr profitabel, ist ein hoher Verschuldungsgrad weniger problematisch. Erzielt ein Unternehmen allerdings nur sehr geringe Gewinne und weist eine sehr niedrige Rentabilität auf, ist ein hoher Verschuldungsgrad ein Problem. Die Schulden können in diesem Fall nur schwer getilgt werden, sollte dies erforderlich werden.

Den Verschuldungsgrad solltest du immer mit Kennzahlen zur Rentabilität gemeinsam betrachten. Weist ein Unternehmen einen hohen Verschuldungsgrad auf, fällt die Eigenkapitalrendite meist auch höher aus. Grund dafür ist, dass die erzielten Gewinne mit einem verhältnismäßig niedrigeren Eigenkapital erzielt wurden.

5. Ist ein Verschuldungsgrad unter 100 % von Vorteil?

Vielleicht denkst du dir, dass ein besonders niedriger Verschuldungsgrad von Vorteil ist, weil das Unternehmen dann kaum Schulden aufweist und somit sehr sicher finanziert ist.

Ein zu geringer Verschuldungsgrad kann ein Nachteil sein

Eine ausschließliche Finanzierung mit Eigenkapital, also ein Verschuldungsgrad von 0 %, ist allerdings nicht ratsam. Eigenkapital ist nämlich teurer als Fremdkapital. Grund dafür ist, dass Eigenkapitalgeber für ihr eingesetztes Kapital aufgrund des höheren Risikos eine höhere Rendite fordern, als Fremdkapitalgeber an Zinsen erhalten.

Wieso hat Eigenkapital aber überhaupt ein höheres Risiko? Im Falle einer Insolvenz werden Eigenkapitalgeber als letzte bedient und gehen meist leer aus. Fremdkapitalgeber hingegen sind im Rang deutlich höher gestellt und werden im Falle einer Insolvenz vorrangig bedient.

Speziell zu Zeiten der Niedrigzinspolitik war Fremdkapital für viele Unternehmen äußerst günstig zu bekommen. Ein Unternehmen sollte daher die Möglichkeiten einer günstigen anteiligen Fremdfinanzierung nutzen und nicht ausschließlich auf Eigenkapital zurückgreifen.

Fremdfinanzierung hat steuerliche Vorteile

Ein weiterer Vorteil der Fremdfinanzierung ist der steuerliche Aspekt. Die zu zahlenden Zinsen für das aufgenommene Fremdkapital stellen eine Betriebsausgabe dar und mindern den steuerpflichtigen Gewinn. Werden hingegen Dividenden an Eigenkapitalgeber ausgeschüttet, erfolgt das aus bereits versteuerten Gewinnen.

Die Fremdfinanzierung sollte im Verhältnis zum Eigenkapital aber nicht zu hoch ausfallen. Ein Verschuldungsgrad von unter 100 % wird häufig als optimaler Verschuldungsgrad betrachtet. Ein deutlich niedriger Verschuldungsgrad ist allerdings nicht unbedingt von Vorteil.

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6. Fazit: Finanzielle Stabilität mit dem Verschuldungsgrad bewerten

Der Verschuldungsgrad ist eine wichtige Kennzahl, um die Finanzierungsstruktur und die finanzielle Stabilität eines Unternehmens zu bewerten. Der Verschuldungsgrad wird berechnet, indem das Fremdkapital durch das Eigenkapital dividiert wird.

Ein besonders hoher Verschuldungsgrad ist ein Warnzeichen, vorwiegend dann, wenn die Rentabilität gleichzeitig gering ausfällt. Auf der anderen Seite ist ein besonders niedriger Verschuldungsgrad aber auch nicht optimal, da ein Unternehmen die Möglichkeiten der günstigen Fremdfinanzierung dann nicht ausreichend nutzt.

Neben dem Verschuldungsgrad lohnt es sich auch den dynamischen Verschuldungsgrad zu analysieren. Dieser gibt Auskunft darüber, wie schnell ein Unternehmen seine Schulden tilgen könnte.

Ein Verschuldungsgrad von unter 100 % ist gut, aber auch ein höherer Verschuldungsgrad ist unproblematisch, solange die Rentabilität ausreichend hoch ist. Bei der Aktienbewertung solltest du daher niemals den Verschuldungsgrad allein, sondern auch noch weitere Aktienkennzahlen, wie Rentabilitätskennzahlen analysieren.

7. Häufige Fragen zum Verschuldungsgrad

Maximilian König
Maximilian König
Autor
Über den Autor
Ich beschäftige mich bereits seitdem ich 15 bin mit dem Aktienmarkt. In den letzten Jahren habe ich mich auf die Entwicklung klar definierter Investmentstrategien spezialisiert. Mein Ziel ist es die Aktienbewertung auf Basis von Daten zu vereinfachen und so nach klaren Regeln zu investieren. Bereits während meines BWL-Studiums habe ich mich selbstständig gemacht und mit investolio anschließend mein eigenes Unternehmen gegründet. Mit aktienkoenig.de möchte ich anderen Anlegern das Investieren in Aktien auf Basis klarer Strategien näherbringen.

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